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milf.de

Das Verwaltungsgericht Hamburg hat ein Grundsatzurteil (milf.de – Az.: 9 K 139/09) zur Frage der Admin-C-Haftung gefällt. In dem Verfahren musste das Gericht prüfen, ob dem Admin-C eine Anbietereigenschaft nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) zukommt und stellte (gekürzt) fest:

Der Kläger war nicht Anbieter von Telemediendiensten im Sinne des § 20 Abs. 1 und 4 JMStV i.V.m. § 59 Abs. 3 RStV und konnte daher nicht Adressat einer medienrechtlichen Feststellungs- und Beanstandungsverfügung sein.

Zwar handelt es sich bei dem beanstandeten Internetangebot um einen Telemediendienst. Jedoch war der Kläger unbeschadet seiner zeitweisen Benennung als Admin-C zu keiner Zeit Anbieter. Eine Definition des Anbieterbegriffs enthält der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag selbst nicht. Für die konkrete Bestimmung der Anbietereigenschaft kann aber nicht die Definition des „Diensteanbieters“ gemäß § 2 Satz 1 Nr. 1 TMG herangezogen werden.

Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Anbieterbegriff des Jugendmedienschutzrechts eine eigene Bedeutung hat, und dass für die Abgrenzung insbesondere – in Anlehnung an den Begriff des Rundfunkanbieters – die Verantwortung für die Programmgestaltung bzw. der Einfluss auf den Inhalt maßgeblich ist. Die Voraussetzungen waren aber vorliegend aufgrund der bloßen Benennung des Klägers als Admin-C der Domain nicht erfüllt, da der Kläger allein durch die Ausübung dieser Funktion zu keiner Zeit eine rechtliche oder auch nur tatsächliche technische Möglichkeit der Einflussnahme auf die inhaltliche Gestaltung des unter der Domain betriebenen Internetangebots bzw. den technischen Zugang zu diesem hatte.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich die für einen Anbieter erforderliche Einflussmöglichkeit oder ein „zu Eigen machen“ von Inhalten bei einem bloßen Admin-C nicht aus den Domainrichtlinien der DENIC. Fragen, die die Verwendung und Verwaltung der Domain betreffen, sind klar zu trennen von Entscheidungskompetenzen oder technischen Zugriffsmöglichkeiten in Bezug auf die Inhalte des unter der Domainbezeichnung abrufbaren Angebots. Es ist nicht ersichtlich, dass Fragen des Inhalts eines Internetangebots von den Bestimmungen der Domainrichtlinien oder -bedingungen erfasst sein könnten.

Keine Kosten

Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 23. August 2011 (Az.: 1 A 2903/10)

Leitsatz:

Die Kostenregelung in § 35 XI RStV und die „Satzung zur Erhebung von Kosten im Bereich des bundesweiten privaten Rundfunks“ sowie das dazugehörige Gebührenverzeichnis sind nicht auf Anbieter von Telemedien anwendbar.

Fruchthäschen mit Nougatfüllung

Nein, es waren nicht die Rezepte für Wirsingrouladen (Nr. 07/2006) oder Fruchthäschen mit Nougatfüllung (Nr. 15/2006), die zur Indizierung der Fernsehzeitschrift rtv führten, sondern Telefonsexwerbung mit der Eignung, „Kinder und Jugendliche sozialethisch zu desorientieren und damit im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 1 JuSchG die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihrer Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gesellschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden.“ Meinte die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Eine andere Ansicht hatte das Verwaltungsgericht Köln.

Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 30. November 2007  (Az. 27 K 4437/06):

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Meinungsfreiheit für Papamobil

Pressemitteilung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu den Urteilen vom 8.März 2010 (Az. 10 B 09.1102 und 10 B 09.1837):

Die Verfügungen der Polizei gegen das 2006 in München beim Christopher-Street-Day mitgeführte „Papamobil“, mit dem Kritik an der Einstellung des Papstes gegenüber Homosexuellen geäußert wurde, waren rechtswidrig. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung vom heutigen Tag festgestellt und die entgegenstehenden Urteile des Verwaltungsgerichts München aufgehoben.

Die Kläger wollten am Christopher-Street-Day, einem Aufzug, mit dem gegen die Ausgrenzung und Diskriminierung homosexueller Menschen demonstriert wird, mit einem als „Papamobil“ bezeichneten LKW teilnehmen, auf dessen Ladefläche eine Puppe saß, auf deren Messgewand das doppelte Symbol für „männlich“ aufgestickt war. An den Seitenwänden des Lkw waren vier Plakate angebracht, auf denen jeweils Papst Benedikt XVI. zusammen mit folgenden Aussagen abgebildet war: „Homosexuelle Beziehungen sind zutiefst unmoralisch. Homosexualität ist eine schwere Sünde! Homosexuellen ist „mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen!“ Homosexuelle sind „gerufen, ein keusches Leben zu führen“. Auf allen Bildern war der Papst, dem eine Aids-Schleife an die weiße Soutane angeheftet war, mit einem übergezogenen Kondom am kleinen Finger der rechten Hand zu sehen. Auf zwei der Bilder waren Mund und Augen des Papstes geschminkt sowie die unter dem Pileolus hervorragenden Haare gefärbt. Auf diesen beiden Bildern hielt der Papst zusätzlich zwischen Daumen und Zeigefinger der rechten Hand ein weiteres Kondom. Die herbeigerufene Polizei, die von einer Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts ausging, forderte den Verantwortlichen des Wagens auf, die Papstpuppe unsichtbar auf der Ladefläche des Lkw zu verstauen und die Fotomontagen des Papstes zu entfernen. Das eingeleitete Strafverfahren gegen einen der Kläger war von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden.

Anders als die Vorinstanz und die Polizei bewertete der Verwaltungsgerichtshof entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das „Papamobil“ als satirische Kritik, die von der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt gewesen sei. Angesichts des Anlasses, bei dem der Lkw mitgeführt werden sollte, sowie der textlichen Aussagen auf den Plakaten sei von einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Einstellung der katholischen Kirche und ihrem Oberhaupt zu homosexuellen Lebensweisen auszugehen. Diese Kritik sei im Rahmen der öffentlichen Meinungsbildung hinzunehmen. Auch die satirische Einkleidung erfülle noch nicht den Tatbestand der Schmähkritik, weil es den Klägern um eine Auseinandersetzung um die Sache und nicht nur darum gegangen sei, die auf den Bildern dargestellte Person verächtlich zu machen. Die satirische Verfremdung der Bilder des Papstes sei so deutlich zu erkennen, dass ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum nicht zu der irrigen Einschätzung gelangen könne, der Papst sei homosexuell oder empfehle homosexuellen Personen den Gebrauch von Kondomen. Daher setze sich im vorliegenden Fall die Meinungsfreiheit der Kläger gegen das Persönlichkeitsrecht des Papstes durch.

Der BayVGH hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen kann Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingelegt werden.

Die schriftlichen Entscheidungsgründe werden in einigen Wochen vorliegen.

Nageln in Augsburg

Weil Plastinator Gunther von Hagens in der Ausstellung „Körperwelten“ ein kopulierendes Leichenpaar zeigt, bricht Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) seinen Urlaub ab, um eigenhändig die Verhüllung vorzunehmen. Später vernagelte die Augsburger Feuerwehr den Eingang mit Brettern. Außerdem wurde gegen Hagens ein Zwangsgeld von 10.000 Euro verhängt.

In London und Berlin hatten über 160.000 Besucher das Exponat gesehen.

Vernageltes Augsburg…

aufforderung

ersatzvornahme

Fotos mit freundlicher Genehmigung von DAZ-Augsburg.