Archiv für den Monat: März 2015

Frisch aus dem Giftschrank (März 2015)


Bekanntmachung Nr.04/2015 der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien,

Listenstreichungen aus dem Bundesanzeiger vom 31. März 2015:

 

Dreieck der Lust, VPS Film-Entertainment Film-Verwertungs mbH, München, indiziert durch Entscheidung Nr. 3765 (V) vom 6. April 1990, bekannt gemacht im Bundesanzeiger Nr. 81 vom 28. April 1990.

Der Videofilm wird aus der Liste der jugendgefährdenden Medien gestrichen.

Entscheidung Nr. A 54/15 vom 16. März 2015 (Pr. 34/15).

Frank und Julie, VCA Video Produktions- und Vertriebsgesellschaft GmbH & Co. KG, Flensburg, indiziert durch Entscheidung Nr. 3767 (V) vom 10. April 1990, bekannt gemacht im Bundesanzeiger Nr. 81 vom 28. April 1990.

Der Videofilm wird aus der Liste der jugendgefährdenden Medien gestrichen.

Entscheidung Nr. A 56/15 vom 18. März 2015 (Pr. 12/15).

Intimo, VPS Film-Entertainment Film-Verwertungsges. mbH, München, indiziert durch Entscheidung Nr. 3769 (V) vom 17. April 1990, bekannt gemacht im Bundesanzeiger Nr. 81 vom 28. April 1990.

Der Videofilm wird aus der Liste der jugendgefährdenden Medien gestrichen.

Entscheidung Nr. A 58/15 vom 19. März 2015 (Pr. 25/15).

Vorratsdatenspeicherung wegen Redtube-Abmahnung

Elisabeth Winkelmeier-Becker

Gestern sprach sich die CDU-Rechtspolitikerin und ehemalige Richterin Elisabeth Winkelmeier-Becker im Bundestag für die Einführung der Vorratsdatenspeicherung aus:

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir eine Vorratsdatenspeicherung brauchen …

Es gibt zunehmend Delikte, die auch bei den Normalbürgern erheblichen Schaden anrichten und für die es keinen Ermittlungsansatz gibt, wenn wir nicht auf IP- Adressen und Kommunikationsdaten zurückgreifen können.

Ein Fall war, dass eine Geschädigte eine Abmahnung wegen angeblicher Urheberrechtsverstöße bekam. Es ging um behauptete Redtube-Porno-Streaming-Kosten. Die IP-Adresse konnte nicht nachvollzogen werden, es gab erheblichen Schaden und keinen Ermittlungsansatz, weil man eben überhaupt nicht nachvollziehen konnte, von wem das kam, was da so viel Schaden angerichtet hatte.

Stenografischer Bericht vom 18. März 2015, Seiten 8863 und 8864

Bereits vor fünf Jahren hatte der damalige Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy die Vorratsdatenspeicherung wegen einer Plastikvagina gefordert.

Dreamgirls 2014

Dreamgirls 2014

Anwaltsgericht Köln, Beschluss vom 10. November 2014 (Az. 10 EV 490/14):

In dem anwaltsgerichtlichen Beschwerdeverfahren gegen Rechtsanwalt … gemäß § 74a BRAO hat die II. Kammer des Anwaltsgerichts Köln für den Bezirk der Rechtsanwaltskammer Köln aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. November 2014 wie folgt beschlossen:

1. Der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung gegen den Rügebescheid des Vorstands der Rechtsanwaltskammer Köln vom 12. Mai 2014 in Form des Einspruchsentscheides des Vorstands der Rechtsanwaltskammer Köln vom 14. Juni 2014 – III. Abt. 4/2014 – wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Gründe

I. Dem anwaltsgerichtlichen Verfahren liegt ein Vorgang des Verschickens von Pin-Up-Kalendern durch Rechtsanwalt … an verschiedene Autowerkstätten zugrunde. Die Pin-Up-Kalender sind als Abrisskalender in den Maßen von ca. 34 x 49 cm gestaltet, wobei der Kalender über eine Kopfklappe verfügt, die in textlicher Form auf die Kanzlei des Antragstellers hinweist. Die Monatsblätter des Kalenders zeigen leicht oder nur teils bekleidete junge Frauen. Mit Jahresbezug zum Kalenderjahr 2014 hat Rechtsanwalt …. diese Kalender vor Weihnachten 2013 zur Verteilung gebracht.

Der Vorgang des Verschickens/Verteilens dieser Pin-Up-Kalender wurde von Rechtsanwalt … selbst der Rechtsanwaltskammer Köln zur Kenntnis gebracht und zugleich auch zum Gegenstand einer an die Generalstaatsanwaltschaft Köln gerichteten Antragstellung nach § 123 BRAO gemacht, dies mit seinem Schreiben vom 21. Dezember 2013 und der Fragestellung, ob mit dieser Werbemaßnahme ein Verstoß gegen anwaltliches Berufsrecht erfolgt.

II. Mit Bescheid vom 12. Mai 2014 rügt die Rechtsanwaltskammer Köln das Verhalten des Beschwerdegegners unter Erteilung einer Missbilligung. Dieser habe der Verpflichtung aus § 43b BRAO i. V. m. § 6 BORA zuwider gehandelt, indem er kostenlos an einige Autowerkstätten Pin-Up Kalender „Dream Girls 2014“, ein Abrisskalender mit einer Kopfklappe versehen und dem textlichen Hinweis auf seine Kanzlei verschickte, wobei auf den Monatsblättern sehr leicht oder gar nicht bekleidete junge Frauen abgebildet sind, die in aufreizender Pose ihren Po und/oder Busen zur Schau stellen.

Die Rechtsanwaltskammer beurteilt die Verbreitung des Pin-Up-Kalenders als unsachliche und damit unzulässige Form der Werbung. Die Rechtsanwaltskammer konstatiert, dass die Bekanntgabe des eigenen Berufs unter Angabe der Kontaktdaten eine berufsbezogene Information darstellt und damit zudem in der Gestaltung und Benutzung mittels eines Kalenders als Werbeträger nicht zu beanstanden ist. In der spezifischen Ausgestaltung mit den Bildmotiven eines Pin-Up-Kalenders kann jedoch der sachliche Hinweis auf die Rechtsanwaltskanzlei nicht losgelöst von den Bildmotiven auf den darunter befindlichen Abrissblättern gesehen werden. Nach Auffassung der Rechtsanwaltskammer lassen die Bildmotive vielmehr die Sachaussage in der Kopfklappe in den Hintergrund treten. Mit dieser Gestaltung hat Rechtsanwalt … eine Form der Ansprache des rechtsuchenden Publikums gewählt, die geeignet ist, das Vertrauen in die Integrität des Rechtsanwalts zu erschüttern. Sie legt nach Einschätzung der Rechtsanwaltskammer vielmehr den Rückschluss nahe, dass der auf diese Art werbende Rechtsanwalt nicht die Gewähr dafür bietet, dass er aus Rücksicht auf die Rechtspflege und die Interessen seiner Mandanten das persönliche Gewinnstreben hintanstellt.

III. Mit Schreiben vom 14. Mai 2014 legt Rechtsanwalt … gegen den Rügebescheid der Rechtsanwaltskammer Köln vom 12. Mai 2014 Einspruch ein.

Er ist der Auffassung, dass in den zurückliegenden Jahren eine Liberalisierung der Anwaltswerbung Platz gegriffen hat und deswegen auch sein Handeln keine unlautere Werbemaßnahme darstellt. Unter Berufung auf Literaturmeinungen (u. a. Kleine-Kosak in NJW 2014, S. 514-518) vertritt er die Auffassung, dass § 43b BRAO i. V. m. § 6 Abs. 1 BORA keine eigenständige materiell-rechtliche Bedeutung mehr zukomme. Da der Kalender von einem Werbeartikelhersteller allgemein auch für Betriebe der gewerblichen Wirtschaft produziert werde, ist er der Meinung, dass auch der Markt der Rechtsanwälte sich dererlei Werbematerial müsse frei bedienen dürfen. Von der Erregung öffentlichen Ärgernisses könne nach heutigem Verständnis nicht mehr ausgegangen werden. Es handele sich um von professioneller Hand gefertigte geschmackvolle Kunstdrucke. Auch die Größenrelationen, wonach die Kopfleiste mit Kanzleiadresse gegenüber dem Bildmotiv in den Hintergrund trete, sei allein den üblichen Größenproportionen geschuldet. Schlussendlich handelt es sich nach Auffassung von Rechtsanwalt … um eine „zielgruppenorientierte Werbung“, so dass je nach „Empfängerhorizont“ verschiedenartige Werbemittel als zulässig eingesetzt beurteilt werden müssten.

Auch widerspricht Rechtsanwalt … der Sichtweise, dass die verfahrensgegenständliche Art und Weise der Werbung Rückschlüsse auf die Art und Weise der Integrität seiner Berufsausübung nahe lege. Vielmehr zeige sich, dass er als Rechtsanwalt über die Flexibilität verfüge, auf verschiedene Zielgruppen mit der erforderlichen Empathie eines Anwalts zugehen zu können.

IV. Mit Bescheid vom 14. Juni 2014 wies der Vorstand der Rechtsanwaltskammer Köln den Einspruch von Rechtsanwalt … vom 14. Mai 2014 gegen den Rügebescheid vom 12. Mai 2014 als unbegründet zurück. Der Beschwerdegegner sei zu Recht gerügt worden, da er gegen geltendes Berufsrecht verstoßen habe.

Der Vorstand bestätigt die ergangene Entscheidung zur Missbilligung des Verhaltens durch Erteilung einer Rüge und verweist in seiner Einspruchsentscheidung auf den Umstand, dass gerade die von Rechtsanwalt … intendierte Zielgruppe der „etwas einfacher gestrickten Art“ das Anlockungsmoment über die an sich gelieferte Sachinformation stelle und deshalb die Grundlage des erforderlichen Vertrauensverhältnisses im Rahmen des Mandats gefährdet sei.

Die sachliche Information über die Existenz der Kanzlei sowie deren Kontaktdaten tritt nach Auffassung des Vorstands sowohl hinsichtlich des räumlichen Umfangs wie auch des Inhalts hinter die groß dimensionierte Darstellung von spärlich bekleideten Frauen zurück. Deshalb sei ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Angabe der Anwaltskanzleidaten und deren Beratungsleistung nicht hergestellt.

V. Der Antrag des Rechtsanwalts … auf anwaltsgerichtliche Entscheidung ist zulässig, aber unbegründet. Der Rügebescheid der Rechtsanwaltskammer Köln vom 12. Mai 2014 in Form des Einspruchsbescheids vom 14. Juni 2014 ist rechtmäßig ergangen. Dabei geht die Kammer von folgenden Überlegungen und Beurteilung des Sachverhalts aus:

1. Dem Rechtsanwalt ist gemäß § 43b BRAO Werbung nur gestattet, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet. Das Gebot der Sachlichkeit der Werbung in Form und Inhalt bildet eine sich aus § 43b BRAO ergebende Schranke für die anwaltliche Werbung.

2. Die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit dient dem Zweck, die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege zu sichern. Im Interesse des rechtssuchenden Bürgers ist hiernach eine solche Werbung des Rechtsanwalts mit dem Sachlichkeitsgebot nicht mehr vereinbar, die ein reklamehaftes Anpreisen seiner Leistung in den Vordergrund stellt und die mit dem unabdingbaren Vertrauensverhältnis im Rahmen des Mandats nichts mehr zu tun hat (BVerfG NJW 2003, 2816). § 43b BRAO bezweckt die Klarstellung, dass der Rechtsanwalt hiernach Werbung nur betreiben darf, soweit es sich um eine Informationswerbung handelt, die über sein Dienstleistungsangebot sachlich informiert (Feurich/Weyland/Böhnlein § 43b BRAO Rn. 1).

3. Das berufsrechtliche Sachlichkeitsgebot anwaltlicher Werbung ist nach Auffassung der Kammer trotz der damit verbundenen Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. etwa BVerfGE 57, 121, 133; 76, 196, 205 ff; 82, 18, 28). Es entspricht hierbei – auch nach Überzeugung der Kammer – dem Willen des Gesetzgebers, dass die Rechtsanwaltschaft unter der Geltung des Sachlichkeitsgebots nicht sämtliche Werbemethoden verwenden darf, die im Bereich der werbenden allgemeinen Wirtschaft noch hinzunehmen sind.

4. Die Einschränkung des Rechts, für die Berufsausübung des Rechtsanwalts Werbung betreiben zu dürfen, dient dem Zweck, die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege zu sichern. Mit dieser – neutralen und objektivierten – Stellung des Rechtsanwalts im System der Rechtspflege ist ein werbewirksamer Auftritt des Rechtsanwalts, der ein reklamehaftes Anpreisen seiner Leistung in den Vordergrund rückt, die mit der eigentlichen Leistung des Rechtsanwalts und dem unabdingbaren Vertrauensverhältnis im Rahmen seines Mandats nichts mehr zu tun hat, unvereinbar (BVerfGE 76, 196, 207f; 82, 18, 26).

Werbemethoden, die hiernach Ausdruck eines rein geschäftsmäßigen, ausschließlich an der Erzielung eines Gewinns des Rechtsanwalts orientierten Verhaltens sind, verstoßen gegen das Gebot rein sachlicher Werbung (BVerfG Kammer, NJW 2004, 2656; 2001, 2620 m. w. N.).

5. Gemessen hieran verfolgt Rechtsanwalt … mit seiner Aktion der Verteilung von Pin-Up-Kalendern keine dem Sachlichkeitsgebot in angemessener Art und Weise Rechnung tragende Information an den rechtsuchenden Kunden über die Existenz seiner Kanzlei und seine Berufsausübung.

Im deutlichen Vordergrund steht bei den Kalendern wesentlich das Ausrichten des Augenmerks auf die „Schönheit“ der Bildmotive, der sich auch die Kammer nicht verschließt. Damit entbehrt der von Rechtsanwalt … initiierte Werbeauftritt der Wesentlichkeit in Bezug auf eine übermittelte Sachinformation über seine Kanzlei und seine Berufsausübung. Dies allein rechtfertigt nach Überzeugung der Kammer die Annahme, dass hier eine Werbeaktion intendiert wird, die weitaus mehr an der Erzielung eines Gewinns ausgerichtet ist, als dass hier rein sachlich profunde Anwaltstätigkeit vor materiellem Hintergrund ins Augenmerk des rechtsuchenden Kunden gerückt wird. Die Anpreisung ist plakativ reklamehaft und auf eine Effekthascherei ausgerichtet, die mit der eigentlichen anwaltlichen Leistung im Rahmen einer vertrauensvollen Mandatsbearbeitung nichts gemein hat. Damit überschreitet Rechtsanwalt … die gebotene Sachlichkeit gesetzlich zugelassener Werbung als Rechtsanwalt, weshalb sein Verhalten als berufsrechtswidrig unter Verstoß gegen § 43b BRAO i. V. m. § 6 BORA zu werten ist.

6. Der Annahme berufsrechtswidrigem Verhaltens steht nicht entgegen, dass Rechtsanwalt … flankierend seinen Werbeauftritt auch im Rahmen einer Antragstellung gemäß § 123 BRAO der Generalstaatsanwaltschaft mit der Bitte um berufsrechtliche Beurteilung mitgeteilt hat bzw. er die Rechtsanwaltskammer gleichermaßen unterrichtet hat. Nach seinem eigenen Vortrag hat er besagte Kalender zur Verteilung gebracht, bevor ihm von den angerufenen Stellen eine berufsrechtliche Wertung überhaupt zugegangen ist bzw. zugehen konnte. Er hat damit willentlich in Kauf genommen, dass seinem Handeln wie dann auch geschehen eine berufsrechtliche Missbilligung nachfolgt.

7. Die Kammer ist nicht der Auffassung, dass die gesetzlich verankerte und vom Bundesverfassungsgericht bestätigte Einschränkung der Werbefreiheit für den Berufestand der Rechtsanwaltschaft in zeitlicher Hinsicht gänzlich überholt ist und in der heutigen Zeit keine Wirkung mehr entfaltet. So hat das berufsrechtliche Sachlichkeitsgebot anwaltlicher Werbung trotz der damit verbundenen Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit auch europarechtliche Bedeutung erlangt und es wurde den Mitgliedstaaten aufgegeben, „die Unabhängigkeit, die Würde und die Integrität des Berufestandes“ im Rahmen kommerzieller Kommunikation zu gewährleisten (vgl. Art. 24 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt, ABI. Nr. L 376 S. 36). Rechtsanwalt … hat mit dem Verschicken der hier verfahrensgegenständlich zu beurteilenden Pin-Up-Kalender die Grenzen der berufsrechtlich zulässigen Werbung überschritten und damit die Würde und Integrität der Berufsausübung als Rechtsanwalt in Frage gestellt.

Der Rügebescheid der Rechtsanwaltskammer war mithin nach Überzeugung der Kammer zu bestätigen.

VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 BRAO i. V. m. § 197 Abs. 1 S. 1 BRAO. Vorliegend besteht in dem Vorgehen des Rechtsanwalts … eine berufsrechtliche Pflichtverletzung und die Rügeentscheidung der Rechtsanwaltskammer Köln wird vollumfänglich geteilt.

VG Berlin: Prostitution ist keine Kunst

Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 20. Januar 2015 (Az.: 23 K 180/14):

Leitsätze

1.) Unter dem Künstlernamen ist ein vom bürgerlichen Namen abweichender Name zu verstehen, der in bestimmten Lebensbereichen geführt wird und dort anstelle des Familiennamens die Identität und Individualität der Person ausdrückt. Künstlername ist demgemäß der Name, unter dem der Betroffene als Künstler auftritt

2.) Prostituierte, die ihrer Tätigkeit unter einem Pseudonym nachgehen, können diesen Namen nicht als Künstlernamen im Personalausweis eintragen lassen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Eintragung eines Künstlernamens in ihren Personalausweis.

Die 1981 geborene Klägerin ist Prostituierte. Zugleich engagiert sie sich für die Rechte von Prostituierten, u.a. sowohl bei der Piratenpartei als auch als Vorstandsmitglied des „Berufsverbandes erotische und sexuelle Dienstleistungen“. In der Öffentlichkeit tritt sie unter dem Namen „C… A…“ auf, ebenso auf ihrer eigenen Homepage. Die Klägerin führt bei der Berliner Sparkasse ein Konto unter diesem Namen sowie dem Namen „C… F…“, ihrem Geburtsnamen. Mit Schreiben vom 18. November 2013 beantragte die Klägerin beim Bezirksamt Pankow von Berlin die Eintragung des Namens „C… A…“ als Künstlernamen in ihren Personalausweis. Dem Antrag fügte sie eine Reihe von Nachweisen bei, die sich auf ihre Tätigkeit als Prostituierte und auch als politische Aktivistin bezogen.

Mit Bescheid vom 11. Dezember 2013 lehnte das Bezirksamt Pankow von Berlin den Antrag ab. Zur Begründung führte die Behörde aus, als Künstlername sei ein vom bürgerlichen Namen abweichender Name zu verstehen, der in einem bestimmten Lebensbereich geführt werde und dort anstelle des Familiennamens bzw. zusätzlich zu diesem die Identität und Individualität der Person ausdrücke. Künstlername sei demnach der Name, unter dem der Betroffene als Künstler auftrete. Die Berechtigung zur Führung eines solchen Namens entstehe allein durch dessen Annahme und Gebrauch in der Öffentlichkeit. Ein Künstlername liege daher nur vor, wenn dieser durch die Verkehrsgeltung anerkannt sei und eine individuelle Unterscheidungskraft besitze. Ein Künstlername werde nicht im privaten Interesse des Betroffenen, sondern allein zum Zweck der Identitätsfeststellung in den Pass oder Personalausweis eingetragen. Die Klägerin übe keine künstlerische Tätigkeit aus. Bei ihrer Tätigkeit bestehe eine Dienstleistung im Vordergrund. Außerdem sei sie unter dem Namen „C…A…“ nicht allgemein bekannt. Auch wenn ihre Internetseite bzw. -plattform einige Zugriffe verzeichnet, handele es sich beim „Escort- und Sexarbeitsmarkt“ um einen sehr engen und begrenzbaren Ausschnitt aus den Möglichkeiten beruflicher Betätigung. Es sei nicht ersichtlich, dass die Allgemeinheit bei der Betrachtung des Personalausweises der Klägerin eine konkrete Vorstellung davon habe, wer sie sei und wodurch sie bekannt geworden sei. Unabhängig hiervon bleibe die Befugnis, den Namen bei der Berufsausübung zu tragen oder im gesellschaftlichen Leben zu führen, unberührt.

Hiergegen legte die Klägerin unter dem 9. Januar 2014 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, ihr Künstlername habe Verkehrsgeltung erlangt, da sie bereits jetzt ein Konto unter diesem Namen führe, unter diesem Namen öffentlich auftrete sowie Vorträge halte und Workshops mit diesem Namen durchführe. Als Kultur- und Erotikbegleiterin arbeite sie mit ihrem Körper ebenso wie z.B. eine Tänzerin. Sie schlüpfe in verschiedene Rollen wie eine Schauspielerin bzw. ein Fotomodell, dass für öffentliche Auftritte gestylt werde. Sie beeinflusse die Wahrnehmung des Betrachters durch ihr Agieren und löse dadurch Affekte in ihm aus, wie dies auch andere Künstler täten. Als Advokatin für die politischen und sozialen Rechte von Sexarbeitern sei sie auch bekannt. Die meisten Menschen kennten sie nur unter ihrem Pseudonym, nicht aber unter ihrem bürgerlichen Namen, obwohl diese Menschen ihre Dienstleistungen nicht in Anspruch nähmen. Soweit sie im Radio auftrete, Zeitungsinterviews gebe und eigene Texte verfasse, sei ihre Tätigkeit mit der eines Journalisten zu vergleichen. Da sie zudem Mitbegründerin des „Berufsverbandes erotische und sexuelle Dienstleistungen“ sei, werde sie zukünftig Verträge unterschreiben und am Wirtschaftsleben teilnehmen müssen. Hierbei wolle sie nicht unter ihrem bürgerlichen Namen auftreten. Ein Pseudonym werde ihre Privatsphäre schützen und ihr erlauben, als Privatperson am gesellschaftlichen Leben so teilzunehmen, wie es Menschen möglich sei, die nicht öffentlich als Sexarbeiter bekannt seien. Sie wolle zudem die Privatsphäre ihrer Familienmitglieder schützen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2014 wies das Bezirksamt Pankow von Berlin den Widerspruch zurück. Dabei wiederholte die Behörde die Gründe des Ausgangsbescheides und führte ergänzend aus, ihre Tätigkeit sei keiner anerkannten künstlerischen Tätigkeiten ähnlich. Die Allgemeinheit oder deren interessierte Teile hätten bei der Betrachtung des Personalausweises keine konkrete Vorstellung von ihrer Person und wodurch sie bekannt geworden sei. Das Bedürfnis, ihre Privatsphäre und ihre Familie zu schützen, sei zwar nachvollziehbar, jedoch nicht Sinn und Zweck der Eintragung eines Künstlernamens im Personalausweis. Es handele sich bei dem Namen „C… A…“ nicht um einen Künstlernamen, sondern einen frei gewählten Berufsnamen. Personenbezogene Angaben, deren Eintragung gesetzlich nicht vorgesehen sei, dürften weder im Pass noch im Personalausweis aufgeführt werden.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der am 27. März 2014 erhobenen Klage. Zur Begründung führt sie aus: Sie wolle den Namen „C… A…“ aus Gründen der klaren Trennung von Beruf und Privatleben im Personalausweis führen. Hierauf habe sie einen Anspruch. Der Behörde stehe bei der Frage, ob es sich um einen anerkannten Künstlernamen handele, kein Ermessen zu. Anerkanntermaßen führe sie aber diesen Namen in der Öffentlichkeit. Das Führen eines Pseudonyms setze keine künstlerische Tätigkeit voraus. Der Begriff „Künstlername“ sei nur eine eingebürgerte Bezeichnung für jede Art von Pseudonym und habe mit einer künstlerischen Tätigkeit nichts zu tun. Jeder dürfe sich ein Pseudonym zulegen. Der von ihr gewählte Name sei ausreichend unterscheidungskräftig und werde von ihr auch seit längerem gebraucht. Mit Prominenz habe ein Künstlername nichts zu tun. Es reiche aus, wenn der Name in den beruflichen Kreisen, in denen sie verkehre, als ihr Name allgemein bekannt sei. Unter diesem Namen sei sie aber auch im Internet gut auffindbar. Sie betont zudem, dass zahlreiche Personen des öffentlichen Lebens in der Vergangenheit unter einem Pseudonym aufgetreten seien, ohne Künstler zu sein, wie das etwa bei Willy Brandt der Fall gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Bezirksamts Pankow von Berlin vom 11. Dezember 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides dieser Behörde vom 26. Februar 2014 zu verpflichten, als Künstlernamen „C…A…“ in ihren Personalausweis einzutragen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält an den Gründen aus Bescheid und Widerspruchsbescheid fest. Er betont, für die Eintragung eines Künstlernamens sei die Ausübung einer künstlerischen Tätigkeit unabdingbar. Daran fehle es hier. Die Klägerin übe die Prostitution aus. Sie sei weder in einer Künstlersozialversicherung versichert oder Mitglied eines entsprechenden Berufsverbandes. Sie werde nicht durch eine Agentur oder ein Management vertreten. Sie sei auch mit einer Tänzerin oder Schauspielerin nicht vergleichbar. Sie stehe nicht auf einer Bühne oder sei Teil eines Werkes oder einer Ausführung. Soweit sie ihren Kunden vorspiele, eine andere Person zu sein, sei dies keine Schauspielerei im Kunstsinne. Allein die Tatsache, dass sie gelegentlich vor einer Kamera stehe, ändere hieran ebenfalls nicht. Die Eintragung eines Berufsnamens in den Pass oder den Personalausweis sei gesetzlich nicht vorgesehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des übersandten Verwaltungsvorgangs und die Streitakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Sie hat keinen Anspruch auf die Eintragung des Künstlernamens „C… A…“ in ihren Personalausweis.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis (Personalausweisgesetz – PAuswG) vom 18. Juni 2009 (BGBl. I S. 1346), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 13 und Artikel 4 Absatz 1 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154), werden Ausweise auf Antrag für Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ausgestellt. Nach § 5 Abs. 1 PAuswG sind Ausweise nach einheitlichen Mustern auszustellen; nach Absatz 2 der Bestimmung enthält der Personalausweis neben der Angabe der ausstellenden Behörde, dem Tag der Ausstellung, dem letzten Tag der Gültigkeitsdauer, der Zugangsnummer und den in Absatz 4 Satz 2 genannten Daten eine Reihe ausschließlicher Angaben über den Ausweisinhaber, darunter den Künstlernamen/Ordensnamen (Nr. 12). Die in den Ausweisen enthaltenen Angaben über die Person beschränken sich im Interesse des Persönlichkeitsrechts auf solche Merkmale des Ausweisinhabers, die zur Feststellung seiner Identität unbedingt erforderlich sind (s. Begründung des Regierungsentwurfs zu § 4 PassG, BT-Drs. 10/3303, S. 12; Bericht des Innenausschusses zur Änderung des Personalausweisgesetzes, BT-Drs. 8/3498, S. 9). Personenbezogene Angaben, deren Eintragung das Gesetz nicht vorsieht, dürfen in den Pass oder den Personalausweis nicht eingetragen werden (VGH Mannheim, Urteil vom 8. August 1991, 1 S 2/91, juris).

Es kann offenbleiben, ob die Eintragung des von der Klägerin gewählten Namens als Künstlername schon an einer formellen Hürde scheitert. Denn der Begriff Künstlername ist im Melderechtsrahmengesetz – dort § 2 Abs. 1 Nr. 5 – und in den Landesmeldegesetzen als zu speicherndes Datum aufgeführt. Der Eintrag in das Melderegister ist aber Voraussetzung dafür, den Künstlernamen im Personalausweis eintragen zu lassen (Medert/Süßmuth, Pass- und Personalausweisrecht, 5. Lfg. 5/2011, II B 2 § 5 PAuswG Rn. 30). Demnach hätte die Klage schon deshalb keinen Erfolg, weil die Klägerin sich nicht zuvor an die Meldebehörde gewandt hat, um dort eine entsprechende Eintragung zu erreichen. Darauf kommt es aber nicht an.

Denn die Klage hat ungeachtet dessen auch in der Sache keinen Erfolg. Die Klägerin erfüllt mit ihrer Tätigkeit als Prostituierte unter dem Namen „C… A…“ nicht die Erfordernisse, die sie zur Eintragung eines Künstlernamens in ihren Personalausweis berechtigen. Unter dem Künstlernamen ist ein vom bürgerlichen Namen abweichender Name zu verstehen, der in bestimmten Lebensbereichen geführt wird und dort anstelle des Familiennamens die Identität und Individualität der Person ausdrückt. Künstlername ist demgemäß der Name, unter dem der Betroffene als Künstler auftritt (Medert/Süßmuth, a.a.O.; ebenso VGH Mannheim, a.a.O., dem folgend: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. März 2006, OVG 5 B 4.06, jeweils juris). Der Nachweis über den Künstlernamen kann z.B. dadurch erbracht werden, dass der Personalausweisbewerber unter diesem Namen in einem Berufsverband oder einer Agentur geführt wird. Ist dies nicht der Fall, hat der Künstler seinen künstlerischen Lebenslauf plausibel und nachhaltig darzulegen (z.B. Nachweis über Auftritte, Ausstellungen, Lesungen, Label, Veröffentlichungen). Die Berechtigung zur Führung eines solchen Namens entsteht allein durch dessen Annahme und Gebrauch in der Öffentlichkeit. Aus seiner dem bürgerlichen Namen entsprechenden Funktion ist jedoch abzuleiten, dass ein Künstlername nur vorliegt, wenn dieser durch Verkehrsgeltung anerkannt ist und individuelle Unterscheidungskraft besitzt (VG Osnabrück, Urteil vom 20. April 2005 – 6 A 153/03 –, juris, m.w.N.).

Die Tätigkeit als Prostituierte bzw. als „Sexarbeiterin“ stellt keine allein zur Eintragung eines Künstlernamens berechtigende Kunstausübung dar. Das ist aber nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift erforderlich; eine andere Auslegung verbietet sich. Insbesondere genügt nach Überzeugung der Kammer hierfür nicht die Verwendung eines bloßen „Kunstnamens“. Aus der Entstehungsgeschichte der in Rede stehenden Bestimmung folgt nichts Gegenteiliges: In der ursprünglichen Fassung des – mit dem PAuswG parallel laufenden – Passgesetzes von 1986 (BGBl. I 537) war bereits in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 der Ordensname/Künstlername aufgeführt. Die Hintergründe hierfür werden in der Begründung des Gesetzes (Bt-Drs. 10/3303) nicht erläutert. Offenbar hielt der Gesetzgeber den Begriff für geklärt. Mit Gesetz zur Änderung des Passgesetzes und weiterer Vorschriften vom 20. Juli 2007 (BGBl. I S. 1566) wurde die Regelung dann zunächst ersatzlos gestrichen. Nach der amtlichen Begründung sollten die Pass-, Personalausweis- und Meldebehörden dadurch entlastet werden, dass die Eintragung eines Doktorgrades sowie Ordens- und Künstlernamens in den Pass und den Personalausweis sowie in die jeweiligen Register, einschließlich des Melderegisters, abgeschafft werden (BT-Drs. 16/4138, S. 1). Der Künstler- und Ordensname wurde aber wieder einführt mit Gesetz über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis vom 18. Juni 2009 (BGBl. I 1346). In der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis sowie zur Änderung weiterer Vorschriften (BT-Dr. 16/10489 S. 34) heißt es lediglich, dass aufgrund zahlreicher Eingaben von Betroffenen Ordens- und Künstlernamen im Melde-, Personalausweise- und Passrecht als Datenkategorien wieder eingeführt würden. Diese hatten geltend gemacht, dass es Schwierigkeiten bei der Abwicklung zivilrechtlicher Verträge unter Verwendung des Künstlernamens gegeben habe. Eine inhaltliche Neubestimmung des Begriffs „Künstlername“ hat der Gesetzgeber aber nicht vorgenommen.

Auf die demnach maßgebliche Kunstfreiheit kann sich die Klägerin aber nicht berufen. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG enthält nach Wortlaut und Sinn zunächst eine objektive, das Verhältnis des Lebensbereichs “Kunst” zum Staat regelnde Grundsatznorm. Zugleich gewährleistet die Bestimmung jedermann, der in diesem Bereich tätig ist, ein individuelles Freiheitsrecht. Sie betrifft in gleicher Weise den “Werkbereich” des künstlerischen Schaffens als auch den “Wirkbereich” der Darbietung und Verbreitung eines Kunstwerks, in dem der Öffentlichkeit Zugang zu dem Kunstwerk verschafft wird (BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 1984 – 1 BvR 816/82 – NJW 1985, 261, 262). Der Lebensbereich “Kunst” ist durch die vom Wesen der Kunst geprägten, ihr allein eigenen Strukturmerkmale zu bestimmen. Wie weit danach die Kunstfreiheitsgarantie der Verfassung reicht und was sie im Einzelnen bedeutet, lässt sich nicht durch einen für alle Äußerungsformen künstlerischer Betätigung und für alle Kunstgattungen gleichermaßen gültigen allgemeinen Begriff umschreiben (BVerfG, ebenda). Wesentlich für die künstlerische Betätigung ist die freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden. Alle künstlerische Tätigkeit ist ein Ineinander von bewussten und unbewussten Vorgängen, die rational nicht aufzulösen sind. Beim künstlerischen Schaffen wirken Intuition, Phantasie und Kunstverstand zusammen; es ist primär nicht Mitteilung, sondern Ausdruck, und zwar unmittelbarster Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Künstlers (BVerfG, ebenda, unter Berufung auf BVerfGE 30, 173, 189).

Nach diesem Maßstab übt die Klägerin keine Kunst aus. Sie geht einer – wenn auch selbstbestimmten – Tätigkeit als Prostituierte bzw. als Sexarbeiterin nach, bei der es nicht um freie schöpferische Gestaltung geht, in der ihre Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse zum Ausdruck gebracht werden, sondern im Wesentlichen um die Erfüllung der sexuellen Bedürfnisse ihrer Kunden. Insoweit ist auch die Darstellung auf ihrer eigenen Homepage (www.c….de) eindeutig (z.B. „Philosophie – Die Philosophie von c….de basiert auf der Überzeugung, dass freiwillige, ungezwungene Sexarbeit möglich ist, dass Prostitution nicht nur legal, sondern auch legitim und moralisch vertretbar ist, dass sie auch der Anbieterin Spaß und Freude bereiten und frei von Scham und Schande sein kann – solange sie in Übereinkunft aller Beteiligten arrangiert ist und nicht auf Zwang, Ausbeutung oder Unterdrückung beruht. Diese Philosophie verfolgt c….de mit jedem individuellen Escort-Arrangement.“) Allein der Umstand, dass hierbei bisweilen Elemente des Schauspiels und des Tanzes einfließen mögen, ändert nichts daran, dass im Mittelpunkt ihrer diesbezüglichen Beschäftigung nicht der Ausdruck eigener Kreativität in einem Akt der schöpferischen Gestaltung steht, sondern der jeweilige – sexuelle – Wunsch des Kunden zum finanziellen Vorteil der Klägerin. Für eine irgend geartete eigenständige künstlerische Tätigkeit der Klägerin ist auch auf ihrer eigenen Homepage nichts erkennbar. Auch der von der Klägerin angebotene Escort-Service, an den die sexuelle Dienstleistung anschließt, ändert hieran nichts. Denn selbst wenn die Klägerin ihre Kunden „nur“ zu einer kulturellen Veranstaltung (Musik, Theater, Ausstellung etc.) begleiten würde, liegt hierin auch für sich gesehen nichts eigenständig Künstlerisches. Dies gilt erst recht, wenn der kulturelle Teil ihrer Dienstleistung neben der sexuellen steht.

Für ein erweiterndes Verständnis des Begriffs des Künstlernamens dahingehend, dass von diesem Begriff auch ein bloßer Berufsname erfasst wäre, sieht die Kammer angesichts des klaren Wortlauts der Regelung, aber auch der dargestellten Änderungsgeschichte des Gesetzes keinen Raum. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht unter Abweichung von dem gesetzlichen Begriff des Ordensnamens/Künstlernamens in den Gründen seines Beschlusses vom 8. März 1988 (1 BvL 9/85 und 1 BvL 43/86, BVerfGE 78, 38/52) den Begriff des Berufsnamens eingeführt und in diesem Zusammenhang bemerkt, dass auch ein Berufsname in den Pass oder Personalausweis eingetragen werden könne, was nicht von zu hohen Voraussetzungen abhängig gemacht werden dürfe. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht aber als Berufsnamen ersichtlich den Geburtsnamen eines Ehegatten verstanden, unter dem dieser vor seiner Heirat berufstätig war (vgl. so auch VGH Mannheim, a.a.O., Rn. 19). Schließlich hat das Bundesverfassungsgericht in einem weiteren Beschluss vom 13. April 1992 (1 BvR 311/92, juris, Rn. 4) die Frage aufgeworfen, ob Differenzierung zwischen eintragungsfähigen Ordens-/Künstlernamen und nichteintragungsfähigen Berufsnamen mit Art. 3 Abs. 1 GG in Einklang steht. Das Gericht hat diese Frage aber letztlich offengelassen, weil die zugrundelegende Entscheidung des VGH Mannheim (a.a.O.) nicht auf dieser Erwägung beruhte. So liegt der Fall – dazu sogleich – auch hier. Vor dem Hintergrund und in Kenntnis dieser Entscheidung hätte es der Gesetzgeber jedenfalls in der Hand gehabt, die Regelungen im Passgesetz und im PAuswG um diese Fallgruppe zu erweitern. Davon hat er indes Abstand genommen, so dass ein enges Verständnis der Vorschrift im Einklang auch mit dem gesetzgeberischen Willen stehen dürfte.

Selbst wenn man dies anders sähe, fehlte es vorliegend jedenfalls an der zusätzlich zu fordernden Verkehrsgeltung. Der Begriff der Verkehrsgeltung hat seinen Ursprung im Markenrecht (§ 4 Nr. 2). Markenschutz entsteht danach durch die Benutzung eines Zeichens im Verkehr, soweit das Zeichen innerhalb beteiligter Verkehrskreise Verkehrsgeltung erworben hat. Hierfür ist die Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles erforderlich, z.B. der Umfang und die Dauer der Benutzung, wobei die langjährige Benutzung alleine nicht ausreichend ist, um Verkehrsgeltung zu belegen (Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage 2010, § 4, Rn. 19 mwN). Übertragen auf die hier zu beurteilende Situation kommt es bei der Einschätzung, ob einem gewählten Künstlername Verkehrsgeltung zukommt, ebenfalls auf die Umstände des Einzelfalles an. Konkret werden dies etwa die Dauer und die Häufigkeit der Verwendung des Namens in der Öffentlichkeit, die Aktivitäten unter diesem Namen, die Medienpräsenz durch Presseartikel bzw. durch Radio- oder Fernsehberichte über die betreffende Person unter dem Pseudonym und die insgesamt daraus resultierende Bekanntheit sein. Nach diesem Maßstab hat die Klägerin sich – sogar ihrem eigenen Vortrag zufolge – jedenfalls nicht als Prostituierte unter der Bezeichnung „C…A…“ einen Namen gemacht, der einer breiteren Öffentlichkeit in irgendeiner Weise bekannt wäre. Denn bei der Ausübung der Prostitution, die auch nach der eigenen Vorstellung der Klägerin allenfalls künstlerische Tätigkeit sein könnte, begibt sich die Klägerin nicht in die Öffentlichkeit, und auch die Werbung hierfür im Internet beschränkt sich auf die Pflege einer eigenen Homepage (www.c….de). Ob ihre berufspolitischen Aktivitäten, die ebenfalls unter diesem Namen erfolgen und bei denen demgegenüber allenfalls eine gewisse öffentliche Wirkung festgestellt werden könnte, in diesem Kontext überhaupt zu berücksichtigen wären, weil es sich hierbei gerade nicht um die eigentliche „Kunstausübung“ handelt, erscheint schon zweifelhaft. Selbst wenn diese aber untrennbar mit der Berufsausübung verbunden wären, ist dieses Engagement und die damit einhergehende Öffentlichkeitswirkung nach Einschätzung der Kammer derzeit (noch) als niedrigschwellig anzusehen. Unter dem Namen „C… A…“ betreibt die Klägerin zwar einen eigenen Blog, sie twittert (2011 „Follower“ im Zeitpunkt der Antragstellung), und sie ist im Vorstand des von ihr mitbegründeten Berufsverbandes und bei der Piratenpartei aktiv. Zudem hat sie, wie eine im Internet vorhandene Video-Aufzeichnung (bei Youtube: „S…“ vom August 2008, mit etwa 700 Aufrufen im Zeitpunkt der Antragstellung) und ein Flugblatt zu einer Veranstaltung zu Prostitution in Basel im März 2014 belegen, Vorträge zu berufsrelevanten Themen gehalten; desweiteren ist sie eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung zufolge 2014 als Sachverständige im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum geplanten Prostitutionsgesetz angehört worden. Insgesamt ist sie damit lediglich drei Mal in anderthalb Jahren fachöffentlich aufgetreten. Die Kammer vermag in der Gesamtschau daher nicht zu erkennen, dass die Klägerin über einen sehr begrenzten Kreis hinaus bekannt wäre. Der Umstand, dass man sie unter dem Namen „C… A…“ im Internet abrufen kann, besagt demgegenüber nichts über eine erlangte Verkehrsgeltung. Schließlich beschränkt sich die belegte Medienberichterstattung über die Aktivitäten der Klägerin auf einen einzigen Artikel im „Spiegel“, in dem die Klägerin aber lediglich als „C…“ bezeichnet wird, also noch nicht einmal mit vollem Künstlernamen. Nachweise über ein sonstiges nennenswertes Auftreten der Klägerin im Radio und Fernsehen ist nichts ersichtlich.

Es kommt hinzu, dass die personenbezogenen Angaben im Pass oder Personalausweis ausschließlich dem Zweck dienen, die Identität des Inhabers zweifelsfrei festzustellen. Auch ein Ordensname oder Künstlername wird daher nicht im privaten Interesse des Betroffenen, sondern allein zum Zweck der Identitätsfeststellung in den Pass oder Personalausweis eingetragen. Im Einklang mit dieser gesetzlichen Zielsetzung darf auch ein Berufsname allenfalls unter der Voraussetzung eingetragen werden, dass die Eintragung zur Feststellung der Identität des Ausweisinhabers erforderlich ist (VGH Mannheim, a.a.O.). Hierfür ist nichts erkennbar. Die Kammer verkennt zwar nicht, dass zum Schutz der Privatsphäre die Verwendung eines Pseudonyms bei Prostituierten weit verbreitet sein mag. Mit der Eintragung eines solchen Namens in ein Ausweisdokument – die Identität von Pseudonym und Künstlername unterstellt – wäre dieses Ziel aber ohnehin nicht zu erreichen. Denn der beide Namen enthaltende Personalausweis würde im Fall der Eintragung bei einer Einsichtnahme durch Dritte gerade Aufschluss über die bürgerliche Existenz und die gleichzeitige „Künstleridentität“ geben. Es kommt hinzu, dass zur Vermeidung der von der Klägerin nachvollziehbar geschilderten Probleme andere Mittel zur Verfügung stünden. Insbesondere der (wohl nur selten eintretende) Fall der Rücküberweisung eines Honorars von ihrem Konto auf das eines Kunden müsste dann keinen Rückschluss auf ihren bürgerlichen Namen zulassen, wenn sie dieses unter einem Firmennamen (einer ggf. zu gründenden Gesellschaft) führte. Im konkreten Fall ist ohnehin nicht dargetan, dass sie unter ihrem jetzigen bürgerlichen Namen erkennbar wäre, weil das Konto nach wie vor auf ihren Geburtsnamen lautet. Schließlich ist die Eintragung deshalb nicht erforderlich, weil die Berechtigung, den begehrten Namen zivilrechtlich als Pseudonym zu tragen, von der unterbliebenen Eintragung des Künstlernamens im Personaldokument unberührt bleibt (vgl. MüKo-BGB, 6. Aufl. 2012, § 12 Rn. 10 f.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.