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Prostituierte erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Bundesfinanzhof, Pressemitteilung vom 8. Mai 2013:

Der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat durch Beschluss vom 20. Februar 2013 GrS 1/12 entschieden, dass selbstständig tätige Prostituierte Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen.

Er hat damit seine frühere Auffassung aufgegeben (Beschluss vom 23. Juni 1964 GrS 1/64 S, BFHE 80, 73, BStBl III 1964, 500), nach der Prostituierte aus „gewerbsmäßiger Unzucht“ keine gewerblichen, sondern sonstige Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes erwirtschafteten. Der BFH folgte mit seiner nunmehr getroffenen Entscheidung der in der Verwaltung und der Literatur allgemein vertretenen Auffassung, nach der Prostituierte mit ihrer Tätigkeit einen Gewerbebetrieb unterhalten.

Sittenwidrigkeit in der Schweiz

Die Sittenwidrigkeit von Prostitution wurde in Deutschland vor elf Jahren per Prostitutionsgesetz aufgehoben und im Juni 2012 auch in Österreich durch Urteil des Obersten Gerichtshofs. Nun zieht die Schweiz langsam nach. Diese Woche beschloss die Rechtskommission des Ständerates der vom Kanton Bern eingereichten Standesinitiative „Prostitution ist nicht sittenwidrig“ zu folgen. Die Initiative fordert eine gesetzliche Bestimmung im Bundesrecht, welche den Vertrag zur Erbringung sexueller Handlungen gegen Entgelt als rechtsgültig erklärt.

Keine Vergnügungssteuer für Love-Mobile

Pressemitteilung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 26. November 2012:

Der 9. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Berufungsurteil vom 26.November 2012 – 9 LB 51/12 – entschieden, dass ein Vermieter von Wohnmobilen, die von den Mieterinnen zur Prostitution genutzt worden waren, nicht zur Vergnügungssteuer herangezogen werden konnte.

Gegenstand des Verfahrens war ein Vergnügungssteuerbescheid der Stadt Soltau für den Zeitraum vom 15. Mai bis zum 31. Dezember 2009. Dieser Bescheid war an den Vermieter von fünf Wohnmobilen adressiert, die an den Autobahnauffahrten Soltau-Ost und Soltau-Süd aufgestellt und mit Aufklebern gekennzeichnet waren, die auf das Angebot der Prostitution hinwiesen („Love-Mobile“). Der Kläger hatte bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht geltend gemacht, dass nicht er als Vermieter, sondern allein die Mieterinnen zur Vergnügungssteuer herangezogen werden könnten; außerdem sei die in der Vergnügungssteuersatzung der Stadt Soltau geregelte Besteuerung des Angebots von sexuellen Handlungen gegen Entgelt verfassungswidrig. Das Verwaltungsgericht hatte den Vergnügungssteuerbescheid als rechtmäßig angesehen und die Klage abgewiesen. Der 9. Senat hatte die Berufung auf Antrag des Klägers zugelassen.

Im Berufungsverfahren hat der 9. Senat nun das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und den streitigen Vergnügungssteuerbescheid aufgehoben, weil er diesen aus mehreren Gründen als rechtswidrig angesehen hat: Der angefochtene Bescheid verstößt gegen Verfahrensvorschriften, da der Kläger vor dem Erlass des Steuerbescheides nicht angehört und nicht zur Abgabe von Steuererklärungen aufgefordert worden ist. Zudem ist der Bescheid inhaltlich zu unbestimmt, weil der Steuerbetrag pauschal für einen Zeitraum von siebeneinhalb Monaten festgesetzt worden ist, obwohl nach der Vergnügungssteuersatzung separate Steuerfestsetzungen für jeden einzelnen Kalendermonat erforderlich gewesen wären. Außerdem war zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides für die Monate November und Dezember 2009 die Steuerschuld noch nicht entstanden. Ferner hat der 9. Senat die Heranziehung des Klägers zur Vergnügungssteuer auch in der Sache als rechtswidrig angesehen. Der Kläger hätte nach der Satzung der Beklagten nur als Steuerschuldner in Anspruch genommen werden dürfen, wenn er Unternehmer der Veranstaltung oder Besitzer der Wohnmobile gewesen wäre. Beides hat der 9. Senat verneint; Veranstalter und Besitzer der Wohnmobile während der Mietzeit waren nur die Prostituierten.

Eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht hat der Senat nicht zugelassen.

Prostitution und Sittenwidrigkeit

Ist ein Vertrag sittenwidrig, so gilt er als von Anfang an nichtig, § 138 Absatz 1 BGB. Bis vor zehn Jahren verstießen Verträge von Prostituierten gegen die „guten Sitten“, doch dann kam das Prostitutionsgesetz und in § 1 Satz 1 wurde die Sittenwidrigkeit abgeschafft:

Sind sexuelle Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt vorgenommen worden, so begründet diese Vereinbarung eine rechtswirksame Forderung.

Soweit die deutsche Rechtslage. Anders sieht es in Österreich aus. Bislang galt dort ein Urteil des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 1989:

Mit der Entscheidung 3 Ob 516/89 sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass ein Vertrag über die geschlechtliche Hingabe gegen Entgelt ebenso sittenwidrig sei wie Verträge, die eine Teilnahme am Profit kommerzieller Ausbeutung der Sexualität bezweckten (dort: Benützung einer Sauna, um die geschlechtliche Hingabe einer Prostituierten zu ermöglichen). Dabei wurde argumentiert, dass im Zusammenhang mit der Prostitution häufig der Leichtsinn, die Unerfahrenheit, die Triebhaftigkeit und die Trunkenheit von Personen ausgenützt werde. Wenn auch im Einzelfall diese Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt seien, mache schon die Gefahr der Ausnützung schutzwürdiger Personen solche Verträge bedenklich. Die Prostitution stelle eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsschutzes und eine Gefahr für familienrechtliche Institutionen dar.

Nun vertritt der Oberste Gerichtshof eine andere Auffassung (Az.: 3 Ob 45/12g):

Aus folgenden Überlegungen sieht sich der Senat veranlasst, von der vertretenen Auffassung abzugehen:

Die guten Sitten sind der Inbegriff der zwar im Gesetz nicht ausdrücklich normierten, sich aber aus der Gesamtbetrachtung der rechtlichen Interessen ergebenden Rechte. Dabei sind die Wertentscheidung und Grundprinzipien der Rechtsordnung für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit maßgebend. Der Maßstab zur Beurteilung der Sittenwidrigkeit muss daher aus der Rechtsordnung selbst gewonnen werden; dem entspricht die Aussage, die guten Sitten seien mit dem ungeschriebenen Recht gleichzusetzen. Zwar wird auch vertreten, dass beim Verständnis der guten Sitten allgemein anerkannte Moralvorstellungen zu berücksichtigen seien. Das gilt allerdings mit der Einschränkung, dass Moralvorstellungen nur insoweit relevant sind, als sie in der Rechtsordnung Niederschlag gefunden haben…

Die Sittenwidrigkeit könnte daher im Anlassfall nur wegen allgemeiner Moralvorstellungen, die im geltenden Recht Niederschlag gefunden haben, bejaht werden. Berücksichtigt man allerdings, dass die Prostitution in Österreich nicht nur nicht verboten ist, sondern landesgesetzliche Vorschriften eingehend die Rahmenbedingungen für die Ausübung der Prostitution und des Bordellbetriebs regeln, lassen sich aus dem geltenden Recht keine Rückschlüsse auf für das Sittenwidrigkeitsurteil gemäß § 879 Abs 1 ABGB maßgebliche Moralvorstellungen ziehen. Nicht alles, was als potentielle Gefahr für familienrechtliche Institutionen oder als unmoralisch empfunden wird, ist deshalb schon iSd § 879 Abs 1 ABGB sittenwidrig und damit nichtig…

Daraus folgt zusammengefasst:

Die Vereinbarung zwischen einer Prostituierten und ihrem Kunden ist nicht generell sittenwidrig iSd § 879 Abs 1 ABGB. Wurde die sexuelle Handlung gegen vorher vereinbartes Entgelt vorgenommen oder geduldet, so begründet diese Vereinbarung eine klagbare Entgeltforderung. Dieser Grundsatz gilt auch im Verhältnis zwischen Bordellbetreiber und Kunden.

Der untaugliche Versuch

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 7. Februar 2012 (Az.: III-1 RBs 200/11):

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde wird zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.

Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.

Der Betroffene wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse.

Gründe:

I. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht den Betroffenen wegen verbotswidriger Kontaktaufnahme zu Prostituierten innerhalb des Sperrberzirks der Stadt Dortmund zu einer Geldbuße von 100,00 Euro verurteilt.

Auf den entsprechenden Antrag des Betroffenen war hiergegen die Rechtsbeschwerde zuzulassen, weil es geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG). Die Sache war deswegen dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern zu übertragen (§ 80 a Abs. 3 Satz 1 OWiG). Insoweit handelt es sich um die Entscheidung des gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG zuständigen Einzelrichters.

II. Die zugelassene Rechtsbeschwerde hat mit der Sachrüge Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zum Freispruch des Betroffenen, da die Feststellungen des Amtsgerichts die Verurteilung des Betroffenen wegen der ihm angelasteten Ordnungswidrigkeit nach den §§ 2 a, 6 a, 22 Abs. 1 Nr. 17 der Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Stadt Dortmund in der Fassung vom 5. Mai 2011 nicht tragen. Die genannten Bestimmungen haben folgenden Wortlaut:

㤠2 a Sperrbezirk

Diese Verordnung gilt ferner im Geltungsbereich des Sperrbezirks für die Ausübung der Straßenprostitution gemäß der Sperrgebietsverordnung der Bezirksregierung Arnsberg zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes im Bereich der Stadt Dortmund vom 02.05.2011. Der Sperrbezirk für die Ausübung der Straßenprostitution erstreckt sich auf sämtliche öffentlichen Straßen, Wege, Plätze, Anlagen und sonstige Orte, die von dort aus eingesehen werden können im ganzen Stadtgebiet von Dortmund, mit Ausnahme der Linienstraße, 44147 Dortmund.

§ 6 a Verhalten im Sperrbezirk

Im Sperrbezirk ist es untersagt, zu Prostituierten Kontakt aufzunehmen, um sexuelle Handlungen gegen Entgelt zu vereinbaren (Anbahnungshandlungen).

§ 22 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

…….

17. entgegen § 6 a innerhalb des Sperrbezirks Kontakt zu Prostituierten aufnimmt, um sexuelle Handlungen gegen Entgelt zu vereinbaren (Anbahnungshandlungen), …“

Zu dem Verhalten des Betroffenen hat das Amtsgericht festgestellt:

„Am 26.05.2011 gegen 12.55 Uhr befuhr der Betroffene mit seinem PKW Mercedes mit dem amtlichen Kennzeichen #### die Bergmannstraße/Ecke Steigerstraße. Auf dem Bürgersteig, der von der Straße durch einen Grünstreifen getrennt ist, lief die Zeugin VfA Q. Einige Meter hinter ihr lief der Zeuge VA L. Die Zeugen bestreiften dienstlich in ziviler Kleidung die Nordstadt.

Auf der Steigerstraße hielt der Betroffene, nachdem er schon zuvor an den Zeugen vorbeigefahren und stehen geblieben ist, auf der Straße an. Er öffnete das Fenster seines Fahrzeugs auf der Beifahrerseite und sprach die Zeugin VfA Q mit den Worten „Was nimmst Du?“ an. Auf die Frage der Zeugin, was der Betroffene meine, antwortete er sinngemäß was sie nehme, wobei er in einem strengen Ton fragte. Daraufhin gab sich die Zeugin VfA Q als Mitarbeiterin des Ordnungsamtes zu erkennen. Auch der sodann ankommende Zeuge VA L gab sich als Mitarbeiter des Ordnungsamtes zu erkennen.

Nach Eröffnung des Tatvorwurfs erklärte der Betroffene den Zeugen zunächst, dass er die Zeugin VfA Q mit einer bulgarischen Prostituierten verwechselt habe, die er suche wegen der Vermietung einer Wohnung in seinem Hause.“

Hieraus hat das Amtsgericht geschlossen, der Betroffene habe „eine Anbahnungshandlung i.S.d. § 6 a d … vorgenommen“ und daher eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 17 OBVO begangen.

Das ist rechtlich nicht haltbar. Da es sich nach den amtsgerichtlichen Feststellungen bei der von dem Betroffenen angesprochenen Zeugin Q nicht, wie es § 6 a OBVO aber voraussetzt, um eine Prostuierte, sondern um eine dienstlich die Nordstadt bestreifende Mitarbeiterin des Ordnungsamtes der Stadt Dortmund handelte, konnte der Betroffene eine (vollendete) Ordnungswidrigkeit gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 17 OBVO nicht begehen. Sein Verhalten entspricht vielmehr (lediglich) einem (untauglichen) Versuch. Der Versuch einer Ordnungswidrigkeit kann aber nach § 13 Abs. 2 OWiG nur geahndet werden, „wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt“, d. h. wenn die jeweilige Bußgeldnorm die Ahndung des Versuchs ausdrücklich zulässt (vgl. Göhler, OWiG, 15. Aufl., § 13 Rn. 1). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Die Möglichkeit der Ahndung eines Versuchs der von dem Amtsgericht angenommenen Ordnungwidrigkeit ist in der OBVO der Stadt Dortmund nicht normiert. Infolgedessen war der Betroffene freizusprechen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG.

Sexsteuerautomat

Die Stadt Bonn stellte am 29. August 2011 ein umgerüstetes Parkscheingerät auf, um von Prostituierten des örtlichen Straßenstrichs eine Pauschalsteuer zu erheben. Dieser Vorgang, der auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheint, zeigt bei genauerer Betrachtung ein effektives Verwaltungshandeln der Finanzbehörden. Denn die übliche Steuererhebung ist wegen der rotlichttypischen Unstetigkeit erheblich erschwert und wird durch die „automatisierte“ gemeinsame Einnahme von Gewerbe-, Umsatz- und Einkommenssteuer im Wege des Düsseldorfer Verfahrens vereinfacht. Offensichtlich wird der Sexsteuerautomat auch von den Damen des horizontalen Gewerbes weitgehend akzeptiert. Nach Angaben des städtischen Presseamts sind in der ersten Woche rund 1.000 Euro zusammengekommen. Das sei „im Rahmen der Erwartungen“ gewesen. Weniger erwartet wurde, dass das Thema weltweit Wellen schlägt, bis hin zur New York Times.

Gelbe Engel

Um sie vor Verkehrsunfällen im klassischen Sinn zu schützen, müssen Gunstgewerblerinnen am Straßenstrich von Els Alamus in Spanien künftig gelbe Warnwesten tragen, berichtet SPON. Zu dieser Meldung bringt der britische Telegraph ein passendes Symbolbild:

via FailBlog

Karl Lagerfeld bewundert die Pornografie

Im Vice-Magazine äußerte sich der Modezar Karl Lagerfeld wie folgt:

„Ich bewundere die Pornografie. Ich glaube auch, dass es sehr viel schwieriger ist, in einem Porno mitzuspielen, als als Schauspieler irgendeine Emotion in seinem Gesicht zu reproduzieren. Ich bewundere Pornodarsteller… Frustration ist die Mutter der Kriminalität, also gäbe es ohne Prostituierte und ohne Pornos sehr viel mehr Kriminalität.“

(Interview mit Bruce LaBruce; Foto von Macsurak)

Doppelmoral der BILD

Heute vor vier Jahren in der BILD-Zeitung:

quelle: bildblog

Prostitution ist schlecht für die Rente

Nimmt die Ehefrau während des Zusammenlebens ohne Kenntnis und Einverständnis des Ehemannes die Tätigkeit einer Prostituierten auf, ist der Versorgungsausgleich wegen grober Unbilligkeit gem. § 1587 c BGB teilweise auszuschließen.

OLG Bremen (NJW 2009, 3172) vom 7. Juli 2009, Az.: 4 UF 30/09