Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 7. Februar 2012 (Az.: III-1 RBs 200/11):
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde wird zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.
Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.
Der Betroffene wird freigesprochen.
Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse.
Gründe:
I. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht den Betroffenen wegen verbotswidriger Kontaktaufnahme zu Prostituierten innerhalb des Sperrberzirks der Stadt Dortmund zu einer Geldbuße von 100,00 Euro verurteilt.
Auf den entsprechenden Antrag des Betroffenen war hiergegen die Rechtsbeschwerde zuzulassen, weil es geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG). Die Sache war deswegen dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern zu übertragen (§ 80 a Abs. 3 Satz 1 OWiG). Insoweit handelt es sich um die Entscheidung des gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG zuständigen Einzelrichters.
II. Die zugelassene Rechtsbeschwerde hat mit der Sachrüge Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zum Freispruch des Betroffenen, da die Feststellungen des Amtsgerichts die Verurteilung des Betroffenen wegen der ihm angelasteten Ordnungswidrigkeit nach den §§ 2 a, 6 a, 22 Abs. 1 Nr. 17 der Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Stadt Dortmund in der Fassung vom 5. Mai 2011 nicht tragen. Die genannten Bestimmungen haben folgenden Wortlaut:
„§ 2 a Sperrbezirk
Diese Verordnung gilt ferner im Geltungsbereich des Sperrbezirks für die Ausübung der Straßenprostitution gemäß der Sperrgebietsverordnung der Bezirksregierung Arnsberg zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes im Bereich der Stadt Dortmund vom 02.05.2011. Der Sperrbezirk für die Ausübung der Straßenprostitution erstreckt sich auf sämtliche öffentlichen Straßen, Wege, Plätze, Anlagen und sonstige Orte, die von dort aus eingesehen werden können im ganzen Stadtgebiet von Dortmund, mit Ausnahme der Linienstraße, 44147 Dortmund.
§ 6 a Verhalten im Sperrbezirk
Im Sperrbezirk ist es untersagt, zu Prostituierten Kontakt aufzunehmen, um sexuelle Handlungen gegen Entgelt zu vereinbaren (Anbahnungshandlungen).
§ 22 Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
…….
17. entgegen § 6 a innerhalb des Sperrbezirks Kontakt zu Prostituierten aufnimmt, um sexuelle Handlungen gegen Entgelt zu vereinbaren (Anbahnungshandlungen), …“
Zu dem Verhalten des Betroffenen hat das Amtsgericht festgestellt:
„Am 26.05.2011 gegen 12.55 Uhr befuhr der Betroffene mit seinem PKW Mercedes mit dem amtlichen Kennzeichen #### die Bergmannstraße/Ecke Steigerstraße. Auf dem Bürgersteig, der von der Straße durch einen Grünstreifen getrennt ist, lief die Zeugin VfA Q. Einige Meter hinter ihr lief der Zeuge VA L. Die Zeugen bestreiften dienstlich in ziviler Kleidung die Nordstadt.
Auf der Steigerstraße hielt der Betroffene, nachdem er schon zuvor an den Zeugen vorbeigefahren und stehen geblieben ist, auf der Straße an. Er öffnete das Fenster seines Fahrzeugs auf der Beifahrerseite und sprach die Zeugin VfA Q mit den Worten „Was nimmst Du?“ an. Auf die Frage der Zeugin, was der Betroffene meine, antwortete er sinngemäß was sie nehme, wobei er in einem strengen Ton fragte. Daraufhin gab sich die Zeugin VfA Q als Mitarbeiterin des Ordnungsamtes zu erkennen. Auch der sodann ankommende Zeuge VA L gab sich als Mitarbeiter des Ordnungsamtes zu erkennen.
Nach Eröffnung des Tatvorwurfs erklärte der Betroffene den Zeugen zunächst, dass er die Zeugin VfA Q mit einer bulgarischen Prostituierten verwechselt habe, die er suche wegen der Vermietung einer Wohnung in seinem Hause.“
Hieraus hat das Amtsgericht geschlossen, der Betroffene habe „eine Anbahnungshandlung i.S.d. § 6 a d … vorgenommen“ und daher eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 17 OBVO begangen.
Das ist rechtlich nicht haltbar. Da es sich nach den amtsgerichtlichen Feststellungen bei der von dem Betroffenen angesprochenen Zeugin Q nicht, wie es § 6 a OBVO aber voraussetzt, um eine Prostuierte, sondern um eine dienstlich die Nordstadt bestreifende Mitarbeiterin des Ordnungsamtes der Stadt Dortmund handelte, konnte der Betroffene eine (vollendete) Ordnungswidrigkeit gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 17 OBVO nicht begehen. Sein Verhalten entspricht vielmehr (lediglich) einem (untauglichen) Versuch. Der Versuch einer Ordnungswidrigkeit kann aber nach § 13 Abs. 2 OWiG nur geahndet werden, „wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt“, d. h. wenn die jeweilige Bußgeldnorm die Ahndung des Versuchs ausdrücklich zulässt (vgl. Göhler, OWiG, 15. Aufl., § 13 Rn. 1). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Die Möglichkeit der Ahndung eines Versuchs der von dem Amtsgericht angenommenen Ordnungwidrigkeit ist in der OBVO der Stadt Dortmund nicht normiert. Infolgedessen war der Betroffene freizusprechen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG.
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