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Cybersex via Skype

Wie der Kollege Udo Vetter in seinem Blogbeitrag Skype: Staat hört mit berichtet, verfügen staatliche Ermittler mittlerweile über entsprechende Technik, um sich in Chatsoftware einzuklinken. Da diese Software auch für intime Gespräche bis hin zu „Cybersex“ genutzt wird, stellt sich die Frage: Erfolgen die Lauschangriffe nach den rechtlichen Regularien? Und ist die Intimsphäre bei der strategischen Telekommunikationsüberwachung ausreichend geschützt?

Gemäß dem G-10-Gesetz dürfen die Nachrichtendienste keine Aufzeichnungen vornehmen, wenn der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung gefährdet ist. Dieser Schutz umfasst „auch Gefühlsäußerungen, Äußerungen des unbewussten Erlebens sowie Ausdrucksformen der Sexualität“, laut Urteil des Bundesverfassungsgericht zum „Großen Lauschangriff“ (1 BvR 2378/98). Demnach müsste Cybersex via Skype für Polizei und Dienste ein unantastbarer Bereich sein. Ob in der Praxis das Privatleben von den Überwachern tatsächlich verschont bleibt, ist zu bezweifeln. Jedenfalls werden die technologischen Möglichkeiten immer umfangreicher. Vielleicht macht der Staat neben einem eigenen Mailservice (De-Mail), demnächst noch einen Chatdienst auf!?

Chatroulette

Der neue Hype im Web heißt Chatroulette. Die Videoplattform verknüpft Wildfremde im Sekundentakt. Mein heutiger Selbstversuch dauerte zwanzig kurzweilige  Minuten, war weitgehend witzig, aber auch geprägt von dödelschwenkenden Internetprimaten. Mindestens aus jedem zehnten Chat sprangen mir männliche und äußerst primäre Geschlechtsmerkmale entgegen. Meine Prognose: Es dürfte nur noch eine Frage von Tagen sein, bis die teutschen Jugendschützer in kollektive Hysterie verfallen…

Das Jahr 2010: Rückblick durch die Glaskugel

Januar 2010: Die 10. Staffel von Big Brother startet mit einem deftigen Sexskandal. Jedoch bleibt die von RTL2 erwartete mediale Aufgeregtheit aus, insbesondere werden keine Verbotsforderungen laut.

Februar 2010: Pro7 versucht mit 50 pro Semester ebenfalls im horizontalen TV-Gewerbe zu punkten. Macht aber frühzeitig schlapp. Dagegen betonen die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ihren Auftrag zu Grundversorgung und Qualitätsjournalismus. Die GEZ-Gebühren werden umgehend erhöht.

März 2010: Obwohl die gesetzlichen Regelungen zu Sendezeitbegrenzung für Erotikseiten im Internet und Jugendschutzprogrammen überarbeitungsbedürftig sind, wird die für das Frühjahr geplante Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags auf unbestimmte Zeit verschoben.

April 2010: Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert mehrere Alben von Pornorappern sowie die neue DVD von Rammstein, weil der schweizerische Konzertmitschnitt den Titel „Ich tu Dir weh“ enthält und dreimal „Aua“ gesungen wird.

Mai 2010: Nach der nordrhein-westfälischen Landtagswahl öffnen sich – plötzlich und völlig unerwartet – riesige Löcher im Staatshaushalt. Daraufhin kommen Vorschläge wie eine höhere Umsatzsteuer für Erotikliteratur erneut auf den Tisch.

Juni 2010: Aufgrund aktueller Todesfälle bei Jugendlichen, ausgelöst durch Komasaufen, Chatten in Suizidforen, Non-Stop-Facebooken oder Amoklauf, fordert Jugendministerin Köhler eine drastische Verschärfung der Jugendschutzgesetze. Umgehend wird in Berlin ein Runder Tisch einberufen. Experten sind sich über die Ursachen uneinig. Trotzdem will Prof. Pfeiffer ein sofortiges Verbot.

Juli 2010: Google veröffentlicht Version 3.0 von Android mit überarbeiteter Funktionalität „Augmented Reality„. Sofort kursieren mehrere Porno-Apps im Internet. Der Aktienkurs von Google Inc. steigt um weitere 12 Prozent.

August 2010: Der deutsche Werberat rügt ein Unternehmen, das Hundefutter/Kaffeefilter/Modeschmuck/Putzlappen produziert. In der Pressemitteilung heißt es: „Die Anzeige/Kampagne/Werbung von XXX ist demütigend/beleidigend und menschenunwürdig. Das Unternehmen versucht seine armselige/nichtsnutzige Botschaft mit erotischen/sexuellen Anspielungen und den Bildern leicht/nicht-bekleideter weiblicher Ober-/Unterkörper zu transportieren.“

September 2010: Nachdem Großbritannien/Lettland/Kuba/Thailand mit Internetsperren große Erfolge im Kampf gegen illegales Filesharing/Pornografie/Sportwetten/Killerspiele/Catcontent/Hasspropaganda feiert, fordert der deutsche Innenminister/Kardinal/BKA-Präsident eine Gesetzesänderung. Er betont, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sei und Sperrungen zu keinen grundrechtsrelevanten Eingriffen führen würden.

Oktober 2010: Das dreiundfünfzigste Medienkompetenzprojekt einer Jugendschutzbehörde/Landesmedienanstalt/Familienministerin wird feierlich gestartet. Es hört auf den Namen: UnKeN – Unsere Kinder (sicher) im Netz.

November 2010: Wenige Tage nach Einführung von Nacktscannern an deutschen Flughäfen werden schwarz-weiße Schmuddelfotos von Promis und Politikern veröffentlicht und FKK-Airlines nimmt die erste A320 in Betrieb

Dezember 2010: Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) wählt „Porno“ zum Wort des Jahres. In der Begründung heißt es: „Porno war seit Anfang des Jahres in der öffentlichen Diskussion präsent und verbreitete sich weit über den Wortsinn hinaus.“ Auf den folgenden Plätzen landen Aufwrackprämie, Klimapanik, Bummdidumm, Lurch, Abmahnistan, Nacktflug, Westerwellen und Wurstsalat.