Vor fünfzehn Jahren, im März 2003, durfte ich einen Verein mitgründen, der sich die Abschaffung der Sendezeitbegrenzung im deutschen Internet zum Ziel gesetzt hat.
Klingt kurios? Ist es auch.
Alles begann im Mai 2002. Als Anwalt war mir der frische Entwurf eines „JMStV“ zugespielt worden. JMStV ist die Kurzform für „Jugendmedienschutz-Staatsvertrag“ oder komplett „Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien“.
Dieser Staatsvertrag ist ein Gesetz der sechzehn Bundesländer und regelt in § 5 den Umgang mit „Angeboten, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen“.
Wer solche „entwicklungsbeeinträchtigenden Angebote“ im Internet verbreitet, muss Wahrnehmungserschwerungen für Jugendliche schaffen. Eine Möglichkeit ist die Verbreitungszeit so zu wählen, dass „Jugendliche der betroffenen Altersstufe üblicherweise die Angebote nicht wahrnehmen“. Also beispielsweise einen FSK16-Film erst ab 22 Uhr abends zeigen. Wobei die Sendezeitbegrenzung nicht nur für Filme gilt, sondern für alle „entwicklungsbeeinträchtigenden“ Inhalte im Internet, also auch Texte und Bilder.
Und diese Sendezeitbegrenzung gilt bis heute, wie ein Blick in § 5 III Nr.2 JMStV zeigt.
Bereits damals war klar, dass eine Sendezeitbegrenzung kaum ein gangbarer Weg ist. Also musste die zweite gesetzliche Möglichkeit einer Wahrnehmungserschwerung gewählt werden, ein sog. „technisches Mittel“. Dieses ist in § 11 JMStV als „Jugendschutzprogramm“ definiert.
Über die folgenden Jahre versuchte der Verein eine Anerkennung für sein eigens entwickeltes Jugendschutzprogramm zu erlangen. Ein sehr langer und mühsamer Weg. In der Zwischenzeit eröffneten die Jugendschutzbehörden bereits viele Verfahren gegen Internetanbieter, die sich nicht an die Sendezeitbegrenzung hielten.
Im Jahr 2012 war es endlich soweit, unser Jugendschutzprogramm wurde von der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) offiziell anerkannt und damit die Sendezeitbegrenzung im deutschen Internet abgeschafft. Wir waren am Ziel.
Der Verein, den ich mitgründen durfte, heißt „JusProg – Verein zur Förderung des Kinder- und Jugendschutzes in Telemedien“, sein Kopf und Herz ist Stefan Schellenberg, und unser Verein feiert die fünfzehnjährige Erfolgsgeschichte.