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Keine Kündigung bei Pornosurfing

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden (2 AZR 186/11), dass ein Arbeitnehmer, der trotz ausdrücklichen Verbots „jeglicher privaten Nutzung von Internet, Intranet und E-Mail“ in erheblichem Umfang auf pornografischen Websites surft, nicht sofort gekündigt werden kann. Denn es besteht ein vorheriges Abmahnungserfordernis, welches nur entfällt, wenn „eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar“ ist. Der Kläger (Kündigungsschutzklage) war Abteilungsleiter in einer Bausparkasse und hatte Personalverantwortung für 45 Mitarbeiter.

Abmahnungen wegen neuem JMStV?

Am 1. Januar 2011 wird der novellierte Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) in Kraft treten* und es häufen sich bereits die besorgten Anfragen von Internetanbietern, die wettbewerbsrechtliche Abmahnungen wegen der neuen Rechtslage befürchten. Dazu ist festzustellen, dass mit der Novellierung keine neuen rechtlichen Pflichten auf die Anbieter zukommen. Sowohl die Regelungen zu jugendgefährdenden Inhalten bleiben weitgehend unverändert, als auch für sog. entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte. Letztere dürfen nach geltendem Recht nur innerhalb einer bestimmten Zeit verbreitet werden (Sendezeitbeschränkung) oder der Zugriff muss durch ein „technisches Mittel“ für Jugendliche wesentlich erschwert sein. Im nächsten Jahr können statt Sendezeitbeschränkung oder technischem Mittel auch Alterskennzeichen zum Einsatz kommen. Insofern besteht kein höheres Abmahnrisiko.

Zudem konnten in der Vergangenheit wettbewerbsrechtliche Abmahnungen wegen angeblicher Jugendschutzverstöße meistens abgewehrt werden. Hierzu zwei Beispiele: Im Jahr 2008 mahnte ein Anwalt in mehr als 30 Fällen ab. Ich war in vielen Fällen mandatiert und erwiderte in jedem Einzelnen:

Ihr Schreiben vom 6. August 2008 liegt uns vor. Die enthaltene Abmahnung weisen wir als unzulässig zurück. Denn offensichtlich wird rechtsmissbräuchlich abgemahnt, § 8 IV UWG.

Wir konnten ermitteln, dass Herr Florian Hübner kein Wettbewerber ist. Seine äußerst kurze Tätigkeit in der Online-Erotik dient einem einzigen Zweck: abzumahnen.

Wir fordern bis zum 18. August 2008 eine Verzichtserklärung hinsichtlich der geltendgemachten Ansprüche. Andernfalls sind wir beauftragt straf-, berufs- und zivilrechtlich vorzugehen.

Wenige Tage später ging die Verzichtserklärung ein:

…Aus prozessökonomischen und wirtschaftlichen Gründen hat sich mein Mandant daher entschlossen, die Angelegenheit nicht weiter zu verfolgen und die Ansprüche nicht weiter aufrecht zu erhalten. In den bei Ihnen anhängigen Fällen (Aktenzeichen UH-05, 08, 13, 14, 15, 20, 22, 24b, 25, 30, 32, 33, 41, 42-08) wird mein Mandant gegen Ihre Mandanten aus dem von uns in der Abmahnung bezeichneten Wettbewerbsverstößen keine Ansprüche, sowohl auf Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung als auch auf Übernahme von Anwaltskosten und Schadensersatz gemäß unserer Abmahnung geltend gemacht.

In einer Abmahnwelle aus dem Jahr 2004 mussten Kollegen etwas härter angefasst und mit gerichtlicher Hilfe gebremst werden. Letztlich entschied das OLG Düsseldorf (Az.: I-20 U 25/05) in einem meiner Verfahren, dass der abmahnende Anwalt ausschließlich „sein Interesse an der Schaffung von Gebührentatbeständen“ verfolge. Was ihm im Übrigen später auch die Zulassung gekostet hat. Weitere Einzelheiten im Interview.

*Nachtrag vom 16. Dezember 2010:

Aufgrund der heutigen Ablehung der JMStV-Novelle im nordrhein-westfälischen Landtag wird es zu keiner Gesetzesänderung am 1. Januar 2011 kommen.

Abmahnungen wegen Dildoparty

Wer den Begriff „Dildoparty“ zu Werbezwecken verwendet, der muss seit einigen Wochen mit bösen Briefen rechnen. Denn die Kanzlei Hübsch & Weil verschickt für den Inhaber der gleichlautenden europäischen Marke (HABM-Registernummer 008317224, siehe unten) kostenpflichtige Abmahnungen. Interessantes Detail: Das deutsche PMA hatte im Jahr 2007 die Markenanmeldung Dildoparty wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 II Nr. 1 Markengesetz) zurückgewiesen. Das gleiche Schicksal dürfte auch die neue europäische Marke ereilen…

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Update: LG Hamburg, Urteil vom 15. Juli 2010 (Az.: 315 O 70/10)