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Unsittlichkeit

Die Unsittlichkeit findet sich in § 18 JuSchG. Aber bereits beim Vorgänger, dem Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften, war umstritten, ob sich das Tatbestandsmerkmal „unsittlich“ auf alle Lebensbereiche oder ausschließlich auf Erotik und Sexualität bezieht. Am 12.Januar 1966 entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 23,112), dass „unsittlich“ nur „in erotisch-sexuellem Sinn zu verstehen“ sei.

Tatbestandsmerkmal „unsittlich“

Unter unsittliche Medien fallen zunächst solche mit sexuell-erotischem Inhalt, wobei der Inhalt nicht den Straftatbestand der Pornographie (§ 184 StGB) erfüllt. Medien mit pornographischem Inhalt gelten nach dem Jugendschutzgesetz als schwer jugendgefährdend, mit der Folge, dass sie auch ohne Aufnahme in die Liste der jugendgefährdenden Medien den Indizierungsfolgen unterliegen.

Ein Medium ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung unsittlich, wenn es nach Inhalt und Ausdruck objektiv geeignet ist, in sexueller Hinsicht das Scham- und Sittlichkeitsgefühl gröblich zu verletzen. Das Tatbestandsmerkmal „unsittlich“ kann daher schon dann erfüllt sein, wenn Menschen nackt dargestellt werden und weitere Umstände hinzutreten.

Die Literatur zählt in Übereinstimmung mit der Spruchpraxis der Bundesprüfstelle zu den hinzutretenden weiteren Umständen z.B. Darstellungen, die Promiskuität, Gruppensex oder Prostitution verherrlichen, die Frauen und auch Männer als jederzeit verfügbare Lust- und Sexualobjekte erscheinen lassen, oder aus anderen Gründen als entwürdigend erscheinen.

Quelle: Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien

Die große Nacht im Eimer

Das Ölgemälde Große Nacht von Georg Baselitz wurde vorgestern bei Sotheby’s in London für umgerechnet 2,6 Mio. Euro versteigert. Ein sehr ähnliches Werk, nämlich Die große Nacht im Eimer (links), wurde im Oktober 1963 in der West-Berliner Galerie Werner & Katz von der Staatsanwaltschaft wegen Unsittlichkeit beschlagnahmt. Der Strafprozess endete erst 1965 mit der Rückgabe des Bildes. Heute wird es im Museum Ludwig gezeigt.

Der unsittliche 5-Mark-Schein

Im März 1950 erfolgte die Erstausgabe eines neuen 5-Mark-Scheins. Auf der Vorderseite prangte das Bild von Europa, die barbusig auf einem Stier reitet. Das Bundesfinanzministerium rügte die künstlerische Gestaltung des Grafikers Max Bittrof, eines namhaften Künstlers und Siegers vieler Wettbewerbe, und im oberbayerischen Marienwallfahrtsort Tuntenhausen, dem Tagungsort des Katholischen Männervereins, dem viele führende CSU-Politiker angehörten, ergriff Alois Hundhammer energisch das Wort. Der bayerische Kultusminister forderte die Einziehung und Neugestaltung der Banknote. Damit stand er nicht allein, denn bei den Justizbehörden mehrerer Bundesländer gingen Strafanzeigen gegen die Bank deutscher Länder ein. Aber die breite Öffentlichkeit reagierte belustigt. In der Abendzeitung schlug ein Leser vor, das Bild ließe sich auf jedem einzelnen Schein doch einfach mit Leukoplast überkleben, „damit die gefährdete Jugend nicht noch mehr verdorben wird.“ Die Notenbank fühlte sich wegen des Wirbels zu einer Stellungnahme gedrängt und erklärte im Mai 1950 irritiert, dass ihr unsittliche Absichten ferngestanden hätten. Der Schein durfte am Ende im Umlauf bleiben.

Quelle: Wie der Sex nach Deutschland kam, Sybille Steinbacher, Seite 103-105.

Feuchte Schoßgebete

Auf Feuchtgebiete folgen Schoßgebete – im Sommer kommt der zweite Roman von Charlotte Roche. Wieder wird es intim. Bereits das Erstlingswerk der Autorin war vom Verlag Kiepenheuer & Witsch wegen „Pornografieverdacht“ abgelehnt worden. Nicht so streng sah es damals die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Diese führte zwar ein Indizierungsverfahren gegen das Buch, aber kam zu dem Ergebnis, dass keine „Unsittlichkeit“ vorliegt. Dabei stützte sie sich auf eine Stellungnahme der Kommission für Jugendmedienschutz. In dieser heißt es: „Die Sprache ist explizit, aber relativ nüchtern, also nicht voyeuristischer Art. Grob-anreißerischer und derb-zotiger Wortschatz in Bezug auf sexuelle Handlungen wird nicht genutzt.“

Wochenend Sex – für Sie und Ihn

Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, Entscheidung Nr. 5726 vom 10. Juni 2010, bekannt gemacht im Bundesanzeiger Nr. 93 vom 25. Juni 2010.

Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien hat in ihrer 627. Sitzung vom 10. Juni 2010 beschlossen:

Das Magazin „Wochenend Sex  – für Sie und Ihn“ Nr. 2/2010, SPN Zeitschriften Verlags GmbH, Hamburg, wird in Teil A der Liste der jugendgefährdenden Medien eingetragen.

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