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Girls they want to have fun

Das Programm ist für das Computersystem Commodore VC 64 programmiert. Nach dem Titelbild erscheint ein querstehendes Bild. Eine nackte Frau sitzt dem Spieler mit weit geöffneten Beinen gegenüber. Ihre linke Hand hält sie über dem Schamdreieck. Bewegt der Spieler den Joystickhebel im Kreis, so führt die Hand der Dame auf dem Bildschirm ebenfalls kreisende Bewegungen aus. Dabei bewegt sich auch die Brust der Dame.

Das Computerspiel „Girls they want to have fun“ war in die Liste jugendgefährdender Schriften aufzunehmen. Das Programm ist erkennbar so konzipiert, daß es dem Zweck dient, den Betrachter sexuell zu stimulieren. In dem der Spieler aufgefordert ist, durch Joystickbewegungen Selbstbefriedigungshandlungen seines computergesteuerten Gegenübers herbeizuführen, wird die Aufmerksamkeit übersteigert auf Sexualität gelenkt. Durch die Bewegung des Joysticks soll ein sexueller Reiz beim Spieler ausgelöst, eine sexuelle Stimulierung erreicht werden.

Der Inhalt des Computerprogramms ist nicht nur jugendgefährdend im Sinne von § 1 GjS, sondern offensichtlich schwer jugendgefährdend im Sinne von § 6 Nr. 2 GjS in Verbindung mit § 184 Abs. 1 StGB. Der Inhalt des Programms ist pornographisch. Unter Ausklammerung aller sonstigen menschlichen Bezüge werden nämlich sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher Weise in den Vordergrund gerückt. Die Gesamttendenz des Programms mit seinen bildlichen Darstellungen auf dem Monitor zielt ausschließlich auf das lüsterne Interesse des Betrachters an sexuellen Dingen ab. Eine möglichst aufdringliche sexuelle Reizwirkung wird vom Programm intendiert.

(Gekürzte Indizierungsentscheidung der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften vom 6. April 1987, hier im Volltext.)

Btx und Sendezeitbegrenzung

Die Idee einer Sendezeitbegrenzung für bestimmte Netzinhalte ist zu Recht umstritten, aber nicht neu. Bereits der 1991 novellierte Bildschirmtext-Staatsvertrag (BtxStV) enthielt folgende Regelung in § 9 Absatz 2:

Angebote, die ganz oder im wesentlichen mit Schriften inhaltsgleich sind, die in die Liste nach § 1 des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften aufgenommen sind, dürfen nur in der Zeit zwischen 23.00 und 6.00 Uhr verbreitet werden…

Während vor zwanzig Jahren eine mediale Strafversetzung in die Nachtzeit noch voraussetzte, dass vorab eine Listenaufnahme durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften erfolgte, reicht nach heutiger Gesetzeslage (§ 5 JMStV) bereits der Verdacht einer entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkung auf Jugendliche aus, um Internetinhalte für täglich 17 Stunden von den Bildschirmen zu verbannen.

Frohes Fest

Entscheidung Nr. 4345 der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften vom 4.November 1993 bekanntgemacht im Bundesanzeiger Nr.224 vom 30.November 1993:

Die Maxi-CD-Single „Frohes Fest“ der Gruppe „Die Fantastischen Vier“, war antragsgemäß zu indizieren. Ihr Inhalt ist geeignet, Kinder und Jugendliche sozialethisch zu desorientieren, wie das Tatbestandsmerkmal „sittlich zu gefährden“ in § 1 Abs. 1 Satz 1 GjS nach ständiger Spruchpraxis der Bundesprüfstelle sowie höchstrichterlicher Rechtsprechung auszulegen ist…

Titel „Eins und Eins“: Unter besonderer Berücksichtigung der „phasenspezifischen Sensibilität“ der kindlichen bzw. jugendlichen Zielgruppe, bestanden an einer sexualethisch desorientierenden Wirkung keinerlei Zweifel. Der Text läuft, aufgrund seiner verzerrten unrealistischen und jeglicher situativer Einbettung ermangelnden Darstellung auf eine Verabsolutierung des „Sexualgenußes“ hinaus. Sexualität findet in der hier vorliegenden Skizzierung nicht als einvernehmliche, lustbringende Haltung zweier Sexualpartner statt, das Gegenüber wird vielmehr auf ein willfähriges, entpersonalisiertes Instrument zur Erlangung eigener Triebbefriedigung reduziert.

Titel „Frohes Fest“: Es besteht zweifelsohne die Gefahr, daß die im Text vorgespielte Häufung charakterlicher Defizite (Brutalität/ Zynismus/ Fatalismus/ Realitätssucht/ durch Rachemotive motivierte Ausbeutung) als der Lebenserfahung älterer Generationen adäquates, modellhaftes Abbild sozialer Realität mißverstanden wird… Verstärkt wird diese Wirkung durch die Tatsache, daß Kinder und Jugendliche „Die Fantastischen Vier“ aus der Werbung für einen bekannten Süßwarenhersteller kennen.

Volltext: BPjS-Entscheidung Nr. 4345 vom 4.November 1993