Archiv für den Monat: September 2014

Bundeskopierstelle für jugendgefährdende Medien

Was machen, wenn ein Pornofilm nicht mehr erhältlich ist? Das Verwaltungsgericht Köln hat geurteilt (Az.: 13 K 4674/13), dass die Bundesprüfstelle gemäß dem Informationsfreiheitsgesetz eine Kopie aushändigen muss, wenn es sich „um ein seit mindestens zwei Jahren vergriffenes Werk handelt“. Dieses Urteil betrifft hunderte Filme, die nun per Antrag bestellt werden können.

 

Nachtrag: Im Berufungsverfahren wurde vom Oberverwaltungsgericht keine Kopierpflicht gesehen und mit Urteil vom 24. Mai 2016 (Az:15 A 2051/14) die Klage abgewiesen. Die Revision ist zugelassen.

Mausefalle

Die neue Single von Tokio Hotel kommt mit einem provokanten Cover daher. Veröffentlicht von Bill Kaulitz auf Instagram. Zum Glück müssen wir uns heutzutage keine Gedanken über ein Verbot machen. Anders erging es in den 80er Jahren den Ärzten und Wildcat, deren Schallplattenhüllen von der Bundesprüfstelle indiziert wurden.

Aller guten Dinge sind 3

Für einen kleinen Medienwirbel sorgte die Geschichte einer „Jasmine Tridevil“. Diese ließ sich nach eigenen Angaben eine dritte Brust implantieren, um auf Männer weniger attraktiv zu wirken und gleichzeitig ihre TV-Karriere anzukurbeln. Veröffentlichungen von mehreren Fotos gab es auf Facebook und Instagram. Enttarnt wurde die Dame am Flughafen von Tampa (Florida), als sie einen Koffer gestohlen meldete. Die Polizei schnappte die Diebe, der Inhalt des Gepäckstücks wurde von den Beamten dokumentiert. Darunter fand sich auch eine Prothese mit drei Brüsten…

Life looks really different through an MRI machine

6 x 6

Thailändische Schulbehörden rufen 3.000 druckfrische Mathebücher zurück, denn die strenge Lehrerin auf dem Cover ist der japanischer Pornostar Mana Aoki. Das Foto mit hochgeschlossener Bluse und adrett sitzendem Pony stammt aus ihrem jüngsten Film „Costume Play Working Girl“. Aufgefallen ist es dem Twitterer @T3Thee, der auch Bilder aus den nachfolgenden Szenen veröffentlichte.

Sexgewürz erregt Berliner


Gestern verhandelte das Landgericht München gegen Alfons Schuhbeck. Ein Currypulver des Sternekochs hat das Missfallen des Verbandes Sozialer Wettbewerb aus Berlin erregt. Grund der Klage: Die „Verkehrskreise“ würden durch den vielversprechenden Namen „Sexgewürz“ über eine in Wirklichkeit nicht bestehende aphrodisierende Wirkung irregeführt. Man habe schon über einen Selbstversuch nachgedacht, sagte die Vorsitzende Richterin der 4. Kammer für Handelssachen. Der Prozess wird im Oktober fortgesetzt. [Quelle: sz.de]

Intime Aufnahmen und viele Paragrafen

Mit juristischer Gründlichkeit prüfte das Oberlandesgericht Koblenz eine Streitigkeit um intime Aufnahmen (Az.: 3 U 1288/13). Die Parteien hatten in der Vergangenheit eine Beziehung. Während dieser Zeit erstellte der Beklagte, der von Beruf Fotograf ist, zahlreiche „Lichtbilder und Filmaufnahmen“ von der Klägerin mit sichtbarem Intimbereich „vor, während und im Anschluss an den Geschlechtsverkehr“. Die Klägerin verlangte alle Aufnahmen „vollständig zu löschen“.

  • Die materiell-rechtliche Prüfung startete beim Löschungsanspruch gemäß § 6 Abs. 1 BDSG, aber kam zu einem schnellen Ende, weil „die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung der Daten ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten erfolgte“ (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG und § 27 BDSG) und damit das Bundesdatenschutzgesetz nicht einschlägig ist.
  • Die „Daten“ wurden auch nicht dadurch öffentlich, dass der Beklagte sich auf die Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 GG beruft und Kunst „auf kommunikative Sinnvermittlung nach außen gerichtet ist“, denn das Gericht ging davon aus, dass der Beklagte den gemachten Aufnahmen zwar einen künstlerischen Stellenwert beimisst, aber die Aufnahmen nicht für Dritte vorgesehen sind.
  • Kein Anspruch auf Löschung ergibt sich aus dem „Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie“, denn gemäß § 37 KunstUrhG unterliegen ausschließlich „widerrechtlich hergestellte Exemplare der Vernichtung.“ Eine widerrechtliche Herstellung liegt nicht vor, weil die Klägerin sich für die „Aufnahmen mit intimen Charakter“ zur Verfügung stellte.
  • Schließlich führten § 823 Abs. 1 BGB und § 1004 BGB (analog) zum Erfolg. Zwar stellten die Aufnahmen aufgrund der Einwilligung der Klägerin zunächst keinen rechtswidrigen Eingriff in das Recht am eigenen Bild dar. Allerdings war es beim Vorliegen veränderter Umstände, die auf einer gewandelten inneren Einstellung beruhen, der Klägerin nicht mehr zumutbar, an der einmal abgegebenen Einwilligung festgehalten zu werden.
  • Insoweit berücksichtigte das Gericht, dass die Aufnahmen im privaten Bereich im Rahmen einer Liebesbeziehung gefertigt wurden und nicht im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Beklagten, wodurch auch die Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG nicht berührt war.
  • Die weiteren Rechte des Beklagten auf Eigentum gemäß Art. 14 Abs. 1 GG, auf Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 GG und auf allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG mussten „im Sinne einer effektiven Grundrechtsausübung hinter anderen Grundrechten zurückstehen.“
  • Zur „Fortbildung des Rechts“ wurde die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassen.

Update: Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 13. Oktober 2015 (Az.: VI ZR 271/14 ) die Revision des Beklagten zurückgewiesen.