Archiv für den Monat: Juni 2012

Frisch aus dem Giftschrank (Juni 2012)

Frisch aus dem Giftschrank, Bundesanzeiger vom 29. Juni 2012, Bekanntmachung Nr.6/2012 der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien:


Die Ausgebufften, Marketing, Bochum, indiziert durch Entscheidung Nr. 3758 vom 9. Juli 1987, bekannt gemacht im Bundesanzeiger Nr. 136 vom 28. Juli 1987.

Der Videofilm wird aus der Liste der jugendgefährdenden Medien gestrichen.

Entscheidung Nr. A 155/12 vom 19. Juni 2012 (Pr.344/12).

 

 

 


C.I.A. – Madame O und ihre teuren Mädchen, V-Video, Anschrift unbekannt, indiziert durch Entscheidung Nr. 2936 (V) vom 20. Juli 1987, bekannt gemacht im Bundesanzeiger Nr. 136 vom 28. Juli 1987.

Der Videofilm wird aus der Liste der jugendgefährdenden Medien gestrichen.

Entscheidung Nr. A 156/12 vom 19. Juni 2012 (Pr.345/12).

 

 

 

 

 


Wenn Mädchen zum Manöver blasen, UFA-ATB, München, indiziert durch Entscheidung Nr. 2953 (V) vom 7. Juli 1987, bekannt gemacht im Bundesanzeiger Nr. 136 vom 28. Juli 1987.

Der Videofilm wird aus der Liste der jugendgefährdenden Medien gestrichen.

Entscheidung Nr. A 168/12 vom 20. Juni 2012 (Pr.342/12).

 

 

 


Eine Jungfrau in Paris, Gustav Bischoff, Taschenbuch Nr. 2530, Reihe Knaur Erotik, Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur, München, indiziert durch Entscheidung Nr. 2957 (V) vom 6. Juli 1987, bekannt gemacht im Bundesanzeiger Nr. 136 vom 28. Juli 1987.

Das Buch wird aus der Liste der jugendgefährdenden Medien gestrichen.

Entscheidung Nr. A 171/12 vom 20. Juni 2012 (Pr. 337/12).


It’s a girl thing!

Au Backe! Da verballert die EU-Kommission über 100.000 Euro für einen Werbespot, um das weibliche Geschlecht auf Sex, Schmuck und Schminke zu reduzieren. Eigentlich sollten mit der Kampagne Science: It’s a girl thing mehr Frauen ermutigt werden, eine Karriere in technischen und (natur-) wissenschaftlichen Bereichen anzustreben. Aber das Ergebnis ist eine Empörungswelle (F.A.Z., Wall Street Journal, Forbes, Washington Post). Nun versucht sich die Kommission in Schadensbegrenzung: Im Youtube-Channel wurde der Clip gelöscht und Q&A veröffentlicht.

Fuck the Diet

Heute veröffentlichte die Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen ihren zweiten Prüfreport, der „über eingegangene Beschwerdefälle informiert und im Einzelfall die medienrechtliche Bewertung liefert.“ Unter anderem werden die juristischen Verfahren der letzten Monate erläutert, etwa zu „Pornografie im Fernsehen und Internet oder vulgären Werbeslogans.“

Am Beispiel eines „Du darfst“-Spots unter dem Titel Fuck the Diet fragt sich die Landesmedienanstalt, ob „stereotype Geschlechterrollen mit diskriminierenden Verhaltensmustern gezeigt“ bzw. „eine Vermittlung problematischer Rollenbilder oder die Verknüpfung von Sexualität und Gewalt“ erfolgt und kommt zu dem Ergebnis, dass „hier kein Verstoß gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag hinsichtlich einer möglichen Entwicklungsbeeinträchtigung“  vorliegt.

Auch die weiteren Beispiele im Prüfreport sind wenig erhellend. Gegen den Sender SexySat TV kann nicht vorgegangen werden, weil „nach niederländischem Recht bestimmte Medieninhalte grundsätzlich zulässig sind, die nach deutschem Recht unzulässig wären. Für derartige Fälle gibt es formelle Verfahren, um bei diesbezüglichen unvereinbaren Rechtssituationen in einzelnen Staaten eine Änderung herbeizuführen. Diese sind jedoch äußerst langwierig.“

Schließlich bleibt die Beschwerde gegen ein pornografisches Internetangebot erfolglos, weil „die Whois-Abfrage ergab, dass der Domain-Inhaber der Seite in den USA sitzt, weshalb der direkte Zugriff auf den unmittelbar Verantwortlichen nicht möglich ist.“

Ergebnis: Außer Spesen nichts gewesen.

Google und Zensur

Diese Woche beschwerte sich Google gar bitterlich über staatliche Zensur. Mehr und mehr so genannter Government Requests treffen bei dem Suchmaschinenanbieter ein. Im hauseigenen Blog wurde Klartext geredet:

It’s alarming not only because free expression is at risk, but because some of these requests come from countries you might not suspect – Western democracies not typically associated with censorship.

Tatsächlich liefert der aktuelle Transparency Report beunruhigendes Datenmaterial für das zweite Halbjahr 2011. Mit über 400 neuen behördlichen Löschungswünschen landet Deutschland im weltweiten Vergleich auf Platz drei und ist europaweit führend.

Welche deutsche Behörde legt hier vor? Ganz überwiegend die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Aufgrund eines Memorandum of Understanding wird die ständig wachsende Indizierungsliste an die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) weitergegeben. In der FSM sitzt Google nicht nur im Vorstand, sondern hat sich auch einem Verhaltenskodex unterworfen, der eine Sperrung von indizierten Internetseiten vorsieht. Ergebnis: Mit dieser Verknüpfung freiwilliger Vereinbarungen wird die angeprangerte staatliche Zensur zur googligen Selbstzensur.

American Psycho

Als 1991 der Roman American Psycho erschien, wurde die Bundesprüfstelle umgehend tätig und indizierte das Werk vier Jahre später, wegen „sittlicher Gefährdung“ von Jugendlichen. Dem wollte das Verwaltungsgericht Köln nicht folgen und hob die Indizierung wieder auf (Az.: 17 K 1394/95). Dieses Urteil wurde 2001 in der Berufung vom OVG NRW bestätigt (Az.: 20 A 3635/98). Beide Gerichte bemängelten verengte „Stellenlektüre“ durch die Bundesprüfstelle, statt einer „notwendigen Gesamtwertung des Romans“. Zudem fehle eine Abwägung mit der Kunstfreiheit.

Wildes Treiben im Wald

Zurzeit legen Lokalpolitiker in Kärnten größten Wert auf die Feststellung: „Nein, ich war in diesem Jahr noch überhaupt nicht im Wald!“ Hintergrund ist der ORF-Bericht Wildkamera als „Liebesfalle“ für Politiker. Offenbar verabredete sich der Mann mit seiner Geliebten zum Techtelmechtel im dunklen Gehölz und wähnte sich unbeobachtet. Nun hat sich in Österreich eine Debatte darüber entwickelt, ob es eigentlich erlaubt ist, Kameras in der freien Natur aufzustellen. Die ARGE Daten betont, dass jede Videoüberwachung, bei der Personen identifiziert werden können, melde- und kennzeichnungspflichtig sei.

Romantischer Hurensohn

Mit frischen Formaten will sich die ARD auf ihren Spartenkanälen einen jüngeren Anstrich geben. Eine dieser neuen Sendungen ist Klub Konkret, in der heutigen Ausgabe mit dem Thema „Monogamie und Liebe“. Als Experiment nahm das Team eine romantische Coverversion des Rapsongs „Hurensohn“ von K.I.Z. auf. Offenbar zu viel für den verantwortlichen SWR. Der Clip verschwand aus dem Netz.

via Meedia // Diskussion über Pornorap

Prostitution und Sittenwidrigkeit

Ist ein Vertrag sittenwidrig, so gilt er als von Anfang an nichtig, § 138 Absatz 1 BGB. Bis vor zehn Jahren verstießen Verträge von Prostituierten gegen die „guten Sitten“, doch dann kam das Prostitutionsgesetz und in § 1 Satz 1 wurde die Sittenwidrigkeit abgeschafft:

Sind sexuelle Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt vorgenommen worden, so begründet diese Vereinbarung eine rechtswirksame Forderung.

Soweit die deutsche Rechtslage. Anders sieht es in Österreich aus. Bislang galt dort ein Urteil des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 1989:

Mit der Entscheidung 3 Ob 516/89 sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass ein Vertrag über die geschlechtliche Hingabe gegen Entgelt ebenso sittenwidrig sei wie Verträge, die eine Teilnahme am Profit kommerzieller Ausbeutung der Sexualität bezweckten (dort: Benützung einer Sauna, um die geschlechtliche Hingabe einer Prostituierten zu ermöglichen). Dabei wurde argumentiert, dass im Zusammenhang mit der Prostitution häufig der Leichtsinn, die Unerfahrenheit, die Triebhaftigkeit und die Trunkenheit von Personen ausgenützt werde. Wenn auch im Einzelfall diese Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt seien, mache schon die Gefahr der Ausnützung schutzwürdiger Personen solche Verträge bedenklich. Die Prostitution stelle eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsschutzes und eine Gefahr für familienrechtliche Institutionen dar.

Nun vertritt der Oberste Gerichtshof eine andere Auffassung (Az.: 3 Ob 45/12g):

Aus folgenden Überlegungen sieht sich der Senat veranlasst, von der vertretenen Auffassung abzugehen:

Die guten Sitten sind der Inbegriff der zwar im Gesetz nicht ausdrücklich normierten, sich aber aus der Gesamtbetrachtung der rechtlichen Interessen ergebenden Rechte. Dabei sind die Wertentscheidung und Grundprinzipien der Rechtsordnung für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit maßgebend. Der Maßstab zur Beurteilung der Sittenwidrigkeit muss daher aus der Rechtsordnung selbst gewonnen werden; dem entspricht die Aussage, die guten Sitten seien mit dem ungeschriebenen Recht gleichzusetzen. Zwar wird auch vertreten, dass beim Verständnis der guten Sitten allgemein anerkannte Moralvorstellungen zu berücksichtigen seien. Das gilt allerdings mit der Einschränkung, dass Moralvorstellungen nur insoweit relevant sind, als sie in der Rechtsordnung Niederschlag gefunden haben…

Die Sittenwidrigkeit könnte daher im Anlassfall nur wegen allgemeiner Moralvorstellungen, die im geltenden Recht Niederschlag gefunden haben, bejaht werden. Berücksichtigt man allerdings, dass die Prostitution in Österreich nicht nur nicht verboten ist, sondern landesgesetzliche Vorschriften eingehend die Rahmenbedingungen für die Ausübung der Prostitution und des Bordellbetriebs regeln, lassen sich aus dem geltenden Recht keine Rückschlüsse auf für das Sittenwidrigkeitsurteil gemäß § 879 Abs 1 ABGB maßgebliche Moralvorstellungen ziehen. Nicht alles, was als potentielle Gefahr für familienrechtliche Institutionen oder als unmoralisch empfunden wird, ist deshalb schon iSd § 879 Abs 1 ABGB sittenwidrig und damit nichtig…

Daraus folgt zusammengefasst:

Die Vereinbarung zwischen einer Prostituierten und ihrem Kunden ist nicht generell sittenwidrig iSd § 879 Abs 1 ABGB. Wurde die sexuelle Handlung gegen vorher vereinbartes Entgelt vorgenommen oder geduldet, so begründet diese Vereinbarung eine klagbare Entgeltforderung. Dieser Grundsatz gilt auch im Verhältnis zwischen Bordellbetreiber und Kunden.